01.08.2023 Zivilrecht

OGH: Zur Unbenutzbarkeit von Geschäftsräumen wegen COVID-19 iZm Untermiete

Geht die Einschränkung/der Entfall der vertragskonformen Verwendbarkeit des Bestandobjekts „wegen einer Seuche“ nicht nur auf das Untermietverhältnis zurück, sondern ist sie auch in der Ausgestaltung des Hauptmietverhältnisses für die Untervermietung begründet, so schlägt der Entfall der Untermietzinseinnahmen auf das Hauptmietverhältnis durch


Schlagworte: Mietrecht, Bestandgegenstand, Unbrauchbarkeit, Unbenutzbarkeit, COVID-19, Untermiete, Betretungsverbot, Geschäftsraum, vereinbarter Geschäftszweck, Unbrauchbarkeit
Gesetze:

 

§ 1096 ABGB, § 1098 ABGB, §§ 1104 f ABGB

 

GZ 9 Ob 98/22k, 31.05.2023

 

OGH: Die Rsp zur Mietzinszahlungspflicht für Zeiten eines behördlich angeordneten Betretungsverbots für ein Geschäftslokal kann auch für die Konstellation einer Untervermietung fruchtbar gemacht werden. Auch hier ist eine gänzliche oder teilweise Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts nach Maßgabe des vereinbarten Geschäftszwecks zu prüfen, wofür es grundsätzlich auf die Umstände des Falls ankommt. So kann die Hauptmiete etwa zum Zweck einer konkreten Geschäftstätigkeit mit der Erlaubnis zur weiteren Inbestandgabe (Untermiete) erfolgen. Eine behördliche Maßnahme wie ein Betretungsverbot, das der Entfaltung der Geschäftstätigkeit entgegensteht, würde den Geschäftszweck der Hauptmiete in einem solchen Fall unmittelbar betreffen, weil er nicht mehr vertragskonform zu verwirklichen wäre. Ebenso könnte der Geschäftszweck der Hauptmiete aber von vornherein in einer uneingeschränkten Berechtigung zur Untervermietung liegen, die für gewöhnlich auch kein Selbstzweck, sondern nach dem Verständnis redlicher Hauptmietvertragsparteien idR als Möglichkeit zur Erzielung von (Unter-)Mietzinseinnahmen zu sehen ist. Liegt darin der Geschäftszweck des Hauptmietvertrages, wäre er von einer behördlichen Maßnahme wie einem Betretungsverbot idR aber nur mittelbar betroffen. Denn die daraus resultierende Reduktion oder der Entfall des Untermietzinses bringt den Hauptmietvertrag dann zwar um den Nutzen der Untermieteinnahmen. Dieser Nutzungsentfall geht aber nicht auf den vereinbarten Zweck des Hauptmietvertrags als solchen, sondern nur auf die unternehmerische Entscheidung des Hauptmieters, das Bestandobjekt für eine bestimmte Nutzung in Untermiete zu vergeben, zurück. Eine bloß mittelbare Betroffenheit des Hauptmietverhältnisses könnte nicht auf das Zinsrisiko des Hauptvermieters durchschlagen.

 

IdR umfasst der bedungene Gebrauch der Untervermietung zwar die Möglichkeit zur Lukrierung von Untermieteinnahmen. Liegt der vereinbarte Geschäftszweck der Untervermietung nur in der Disposition des Untervermieters, berührt ein Betretungsverbot mit der Folge einer Reduktion/eines Entfalls der Untermiete den Geschäftszweck des Hauptmietvertrags idR aber nur mittelbar. Geht die Einschränkung/der Entfall der vertragskonformen Verwendbarkeit des Bestandobjekts „wegen einer Seuche“ aber nicht nur auf das Untermietverhältnis zurück, sondern ist sie auch in der Ausgestaltung des Hauptmietverhältnisses für die Untervermietung begründet, so schlägt der Entfall der Untermietzinseinnahmen auf das Hauptmietverhältnis durch; die Zinszahlungspflicht des Hauptmieters wird entsprechend reduziert oder entfällt.