OGH: Zur Frage, ob ein Einstellungsantrag nach § 108 StPO unter den Rechtsmittelbegriff des § 2 Abs 2 AHG fällt
Der Antrag nach § 108 StPO ist geeignet, weitere Kosten des Beschuldigten hintanzuhalten, was - im Einklang mit der Lit- seine Qualifikation als Rechtsmittel iSd § 2 Abs 2 AHG rechtfertigt
§ 2 AHG, § 87 StPO, § 108 StPO
GZ 1 Ob 23/23y, 25.04.2023
OGH: Der Einstellungsantrag nach § 108 StPO bietet dem Beschuldigten die Möglichkeit, die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft vom Gericht kontrollieren zu lassen. Er löst letztlich dessen Entscheidungspflicht aus, wobei die Verfahrenseinstellung keine Ermessensentscheidung ist. Erscheint ein Freispruch wahrscheinlicher als ein Schuldspruch, ist das Ermittlungsverfahren einzustellen. Der Antrag nach § 108 StPO ist daher geeignet, weitere Kosten des Beschuldigten hintanzuhalten, was - im Einklang mit der Lit- seine Qualifikation als Rechtsmittel iSd § 2 Abs 2 AHG rechtfertigt.
Die Beurteilung der Vorinstanzen, wonach es sich beim Antrag nach § 108 StPO um ein Rechtsmittel iSd § 2 Abs 2 AHG handelt, begegnet daher keinen Bedenken. Ob dies auch für einen Antrag nach § 106 StPO zutrifft, muss hier nicht geprüft werden.
Der Kläger legt nicht konkret dar, warum der Einstellungsantrag nach seiner abstrakten Wirkungsmöglichkeit zu einer Schadensabwehr ungeeignet gewesen wäre. Ausgehend von der Klagebehauptung, das Strafverfahren sei willkürlich, gesetzwidrig und unter Begehung von vorsätzlichen Strafhandlungen gegen ihn geführt worden, ist nicht ersichtlich, warum der Antrag ex ante offenbar aussichtslos gewesen sein soll, bietet er seiner Art nach doch gerade Abhilfe gegen solche (behaupteten) grob fehlerhaften Ermittlungshandlungen. Da die Eignung eines Rechtsbehelfs zur Schadensabwehr ex ante zu beurteilen ist, kommt es auch nicht darauf an, ob dem Einspruch des Klägers gegen die Anklage Folge gegeben wurde und ob Einstellungsanträge anderer Beschuldigter erfolgreich waren.
Im Allgemeinen begründet bereits das Unterlassen eines Rechtsbehelfs iSd § 2 Abs 2 AHG ein Verschulden. Ob ein solches anzunehmen ist, bildet typischerweise keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage.