OGH: Zur Haftung nach § 1014 ABGB
Im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 1014 ABGB ist - außerhalb des § 333 ASVG - die Geltendmachung von Personenschäden möglich; das gilt auch für die analoge Anwendung
§ 1002 ABGB, § 1014 ABGB
GZ 2 Ob 91/23f, 16.05.2023
OGH: Für den Bereich des Auftragsvertrags normiert § 1014 ABGB eine verschuldensunabhängige Risikohaftung des Auftraggebers. Diese Norm verpflichtet den Auftraggeber zum Schadenersatz, soweit es um die typischen Gefahren des aufgetragenen Geschäfts - also um eine Art „Betriebsgefahr” - geht; sie umfasst nur den „ex causa mandati”, nicht aber auch den „ex occasione mandati” entstandenen Schaden. Eine Geschäftsbesorgung im Rahmen eines Auftrags besteht in der Vornahme von Rechtsgeschäften oder anderen Rechtshandlungen, wobei rein tatsächliche Handlungen im Allgemeinen nicht unter den Begriff des Auftrags fallen.
Die vertragliche unetgeltliche Verpflichtung der Klägerin zur Betreuung des Pferdes der Beklagten begründet daher keinen Auftrag iSd § 1002 ABGB, weil sich die Klägerin auf rein faktische Tätigkeiten beschränkte. Damit scheidet auch eine direkte Anwendung des § 1014 ABGB aus. Allerdings kommt hier eine analoge Anwendung dieser Norm auf den gegenständlichen Tierbetreuungsvertrag in Betracht: Diese Analogie kann sich auf die Rsp stützen, die eine analoge Anwendung des § 1014 ABGB auch für faktische Tätigkeiten und außerhalb des Auftragsrechts bejaht. Das in § 1014 ABGB zum Ausdruck kommende allgemeine Prinzip der „Risikohaftung bei Tätigkeit im fremden Interesse” ließ nach der Rsp zu Sach- und Vermögensschäden eine Analogie auf Arbeitsverträge sachgerecht erscheinen.
Der AN kann gerade deshalb Ersatz seiner Schäden begehren, weil diese aus der Verwirklichung der spezifischen Gefahren der ihm durch den Arbeitsvertrag übertragenen Tätigkeiten resultieren, zu deren Durchführung er verpflichtet ist. Der Arbeitsvertrag ist dabei wertungsmäßig insoweit mit einem Auftragsvertrag zu vergleichen, weil ein AN im Rahmen des Arbeitsvertrags (ebenso wie ein Machthaber beim Auftragsvertrag) im Interesse seines Vertragpartners tätig wird. Die Analogie wird auch dann bejaht, wenn das Arbeitsverhältnis keine Geschäftsbesorgung, sondern nur faktische Tätigkeiten im fremden Interesse umfasst. Darüber hinaus ist § 1014 ABGB auch auf „andere Fälle“ einer (vertraglichen) Tätigkeit im fremden Interesse analog anwendbar. Schließlich wendet die Rsp § 1014 ABGB auch im Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag analog an. Im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 1014 ABGB sind Personenschäden jedenfalls ersatzfähig. Das gilt auch für die analoge Anwendung dieser Norm.