OGH: Irreführende Spitzenstellungswerbung
Die Inanspruchnahme einer Spitzenstellung etwa als größtes Unternehmen Österreichs setzt voraus, dass tatsächlich ein stetiger und erheblicher Vorsprung vor allen Mitbewerbern Österreichs besteht
§§ 1 f UWG
GZ 4 Ob 223/22f, 25.04.2023
OGH: Eine Geschäftspraktik gilt nach § 2 Abs 1 UWG als irreführend, wenn sie unrichtige Angaben enthält oder sonst geeignet ist, einen Marktteilnehmer in Bezug auf das Produkt über einen oder mehrere der in § 2 Abs 1 Z 1 bis 7 UWG genannten Punkte (Z 2: die wesentlichen Merkmale des Produkts oder die wesentlichen Merkmale von Tests oder Untersuchungen, denen das Produkt unterzogen wurde; Z 6: die Person, die Eigenschaften oder die Rechte des Unternehmers oder seines Vertreters, wie Identität und Vermögen, seine Befähigungen, sein Status, seine Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen sowie gewerbliche oder kommerzielle Eigentumsrechte oder Rechte an geistigem Eigentum oder seine Auszeichnungen und Ehrungen) derart zu täuschen, dass dieser veranlasst wird, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Jedenfalls als irreführend gelten nach § 2 Abs 2 UWG die im Anhang zum UWG angeführten Geschäftspraktiken.
Beim Irreführungstatbestand des § 2 UWG ist in diesem Lichte allgemein zu prüfen, wie ein Durchschnittsadressat die strittige Ankündigung versteht, ob dieses Verständnis den Tatsachen entspricht und ob eine nach diesem Kriterium unrichtige Angabe geeignet ist, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte. Ist eine Geschäftspraktik idS irreführend nach § 2 Abs 1 UWG, so ist sie unlauter und daher verboten, ohne dass auch noch zu prüfen wäre, ob die berufliche Sorgfalt eingehalten wurde; es kommt insbesondere nicht auf die Erkennbarkeit der Unrichtigkeit der eigenen Aussage für den Werbenden an, sondern nur auf deren objektive Unrichtigkeit.
Werbung mit einer Spitzenstellung wird (ebenso wie vergleichende Werbung) regelmäßig am Tatbestand des § 2 Abs 1 Z 2 UWG gemessen. Sie ist wettbewerbsrechtlich zu beanstanden, wenn die - ernstlich und objektiv nachprüfbar behauptete - Spitzenstellung nicht den Tatsachen entspricht oder die Ankündigung sonst zur Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise geeignet ist.
Eine Marktführerschaft richtet sich im Allgemeinen nach dem Marktanteil, der den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens abbildet. Die Inanspruchnahme einer Spitzenstellung etwa als größtes Unternehmen Österreichs setzt damit voraus, dass tatsächlich ein stetiger und erheblicher Vorsprung vor allen Mitbewerbern Österreichs besteht. Entspricht die beanstandete Behauptung zur Spitzenstellung nicht den Tatsachen oder sind die Angaben unvollständig, so liegt eine irreführende Geschäftspraktik vor.