VwGH: Zurückverweisung nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG (in einer Angelegenheit des Wasserrechts)
Eine Verschiebung fehlender Nachweise in das Überprüfungsverfahren ist nicht zulässig, denn das Überprüfungsverfahren dient nicht dazu, das im Verfahren zur Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung (teilweise) versäumte Ermittlungsverfahren nachzuholen
§§ 37 ff AVG, § 28 VwGVG, § 11 WRG, § 111 WRG, § 121 WRG
GZ Ra 2022/07/0218, 04.05.2023
VwGH: Nach der stRsp des VwGH ist in § 28 VwGVG ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs 3 zweiter Satz leg cit vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheids streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden; eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das VwG vorgenommen werden.
Dem VwG ist zwar insoweit zuzustimmen, dass eine Verschiebung fehlender Nachweise in das Überprüfungsverfahren nicht zulässig ist, denn das Überprüfungsverfahren dient nicht dazu, das im Verfahren zur Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung (teilweise) versäumte Ermittlungsverfahren nachzuholen.
Der belBeh kann aber nicht vorgeworfen werden, jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen, bloß ansatzweise ermittelt oder völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt zu haben.
So führte die Behörde eine mündliche Verhandlung sowie einen Augenschein durch und zog einen wasserbautechnischen Amtssachverständigen für zwei tellungnahmen bei. Dieser Sachverständige traf Aussagen zu einer hydraulischen Belastung eines näher genannten Vorfluters aufgrund der durch die Anlegung der Erschließungswege samt Zufahrtstunnel anfallenden Oberflächengewässer. Diesbezüglich erstattete er den Vorschlag eines Ausgleiches dieser Belastung durch Entwässerung eines Teileinzugsgebiets des betroffenen Vorfluters in das neue Retentionsbecken. Auch hinsichtlich der Reinigung der Verkehrsflächenwässer schlug er vor, diese separat zu sammeln, mechanisch vorzusäubern und sodann vor der Einleitung in die Retention über einen Mineralölabscheider zu reinigen. Einzelne Angaben hinsichtlich des Projektes seien aber offen. So sei nicht klar, welche Einzugsflächen direkt abflössen und welche in die Retentionsanlage entwässerten bzw wie hoch die jeweilige Wassermenge sei. Nichtsdestotrotz kam der Sachverständige zu dem Schluss, dass bei Adaptierung des Projektes mit einer Beeinträchtigung fremder Rechte oder der Belastung eines der betroffenen Vorfluter nicht zu rechnen sei.
Diese Ermittlungsergebnisse legte die belBeh ihrer rechtlichen Beurteilung dergestalt zugrunde, als sie davon ausging, dass bei Vorschreibung und Einhaltung der vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen vorgeschlagenen Auflagen keine nachteiligen Auswirkungen auf bestehende Rechte zu erwarten seien.
Das VwG begründete nicht, warum es die von ihm notwendig erachteten ergänzenden Ermittlungen nicht selbst im Interesse der Raschheit oder einer erheblichen Kostenersparnis vornehmen hätte können.
Nach der stRsp des VwGH liegt die (ergänzende) Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das VwG im Interesse der Raschheit iSd § 28 Abs 2 Z 2 erster Fall VwGVG, wenn (lediglich) ergänzende Ermittlungen vorzunehmen sind, zumal diesbezüglich nicht bloß auf die voraussichtliche Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens alleine, sondern auf die Dauer des bis zur meritorischen Entscheidung insgesamt erforderlichen Verfahrens abzustellen ist. Auch eine erforderliche Ergänzung eines Gutachtens bzw Befragung von Sachverständigen oder überhaupt die Notwendigkeit der Einholung eines (weiteren) Gutachtens rechtfertigen im Allgemeinen nicht die Zurückverweisung nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG.
Dass die Klärung der vom VwG als offen angesehenen Fragen vor dem Hintergrund der Ermittlungsergebnisse der belBeh besonders schwierige umfangreiche Ermittlungen erfordere und diese den eigenen Ermittlungshorizont des VwG überstiegen, ist vor dem Hintergrund dieser Rsp nicht zu sehen.
Entgegen des kursorischen Begründungselements des VwG gibt es vor dem Hintergrund des Inhaltes des Behördenaktes auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die belBeh (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen habe, damit diese dann durch das VwG vorgenommen würden bzw versucht habe, diese in das Beschwerdeverfahren zu verschieben.