OGH: Zur Benutzung fremder Marken als Hinweis auf Waren oder Dienstleistungen
Bei der Beurteilung, ob eine Angabe den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel iSd § 10 Abs 3 MSchG entspricht, kommen als Unlauterkeitskriterien va Rufausbeutung, Rufschädigung, Aufmerksamkeitsausbeutung und Verwässerung oder das Vortäuschen einer vertraglichen Beziehung in Betracht
§ 10 MSchG, Art 14 UMV, §§ 1 f UWG
GZ 4 Ob 246/22p, 28.02.2023
OGH: Eine eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber nach § 10 Abs 3 Z 3 MSchG nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke zu Zwecken der Identifizierung von oder zum Verweis auf Waren oder Dienstleistungen des Inhabers dieser Marke im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, insbesondere wenn die Benutzung der Marke als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware oder einer Dienstleistung, beispielsweise als Zubehör oder Ersatzteil, erforderlich ist, und sofern dies den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel entspricht.
Nach der Rsp normiert § 10 Abs 3 Z 3 MSchG eine Ausnahme vom Markenrecht und ist eng auszulegen. Die Benutzung der geschützten Marke ist demnach insbesondere dann erforderlich, um die Bestimmung der eigenen Ware oder Dienstleistung als Zusatzfunktion zum Markenprodukt darzulegen. Die erforderliche Benutzung der fremden Marke darf zudem nicht dazu führen, dass sie als unlauter zu qualifizieren ist. Bei der Beurteilung, ob eine Angabe den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel iSd § 10 Abs 3 MSchG entspricht, kommen als Unlauterkeitskriterien va Rufausbeutung, Rufschädigung, Aufmerksamkeitsausbeutung und Verwässerung oder das Vortäuschen einer vertraglichen Beziehung in Betracht. Dieselben Grundsätze gelten nach Art 14 Abs 1 li c und Abs 2 UMV für Unionsmarken. Beweispflichtig für das Vorliegen besonderer, Unlauterkeit ausschließender Umstände iSd § 10 Abs 3 Z 3 MSchG bzw Art 14 Abs 1 lit c und Abs 2 UMV ist der Verletzer.
Die Vorinstanzen bejahten hier zwar kennzeichenmäßigen Gebrauch der Marke dadurch, dass die Antragsgegnerin Kunden der früheren Gemeinschuldnerin betreut und sie auf ihrer Website auch deutlich zum Ausdruck bringt, dass diese Weiterbetreuung ausdrücklich gewünscht und im Hinblick auf das persönliche Know-How der früheren Mitarbeiter auch leistbar ist. Dies und der Hinweis (bloß) auf den Wortbestandteil der Marke mit Zusatz © oder ® ist im konkreten Fall aber erforderlich, um die angebotene Dienstleistung, nämlich Serviceleistungen für bereits ausgelieferte Produkte der Gemeinschuldnerin, in Werbung und Selbstdarstellung zum Ausdruck zu bringen. Es wird keine der Markenfunktionen beeinträchtigt, der Ruf der Marke wird nicht ausgebeutet; die Nutzung entspricht in einer Gesamtbetrachtung den „anständigen Gepflogenheiten“.