OGH: Zur Wiederaufnahmeklage
Es rechtfertigt keine Wiederaufnahme, wenn ein Sachverständiger nachträglich von seinem Gutachten abgeht
§ 530 ZPO
GZ 1 Ob 16/23v, 28.02.2023
OGH: Der Wiederaufnahmskläger will hier die Unrichtigkeit des im Vorprozess eingeholten Sachverständigengutachtens damit dartun, dass der SV nunmehr zu einer anderen Einschätzung gelangt sei.
Nach stRsp verwirklicht die Mangelhaftigkeit oder Unrichtigkeit eines Gutachtens für sich genommen aber keinen Wiederaufnahmegrund. Selbst wenn sich die Unrichtigkeit eines Gutachtens aus späteren Tatumständen ergäbe, würde dies nicht zur Wiederaufnahme berechtigen; ebensowenig, wenn ein SV von einem von ihm erstatteten Gutachten abgeht. Abweichendes könnte - soweit hier relevant - nur gelten, wenn das im Vorprozess erstattete Gutachten auf einer unzulänglichen Grundlage beruht hätte und die Entscheidungsgrundlage aus diesem Grund unvollständig gewesen wäre.
Dass das Gutachten im Vorprozess aufgrund einer Unvollständigkeit der Befundgrundlage unrichtig geblieben sei, wird vom Kläger gar nicht behauptet. Da die bloße Unrichtigkeit eines Gutachtens nach stRsp des OGH „für sich genommen“ keine Wiederaufnahme rechtfertigt, begegnen die Entscheidungen der Vorinstanzen im Ergebnis somit keinen Bedenken. Ob der Sachverständige hier überhaupt von seinem Gutachten abgehen wollte, ist außerdem fraglich, führte er in seinem E-Mail doch aus, dass es „rückblickend danach ausschaut, als wäre „durch die Vorschreibung durch den Beklagten der Wert eines Blutgerinnungsfaktors des Klägers von 5,3 auf 3,5 zurückgegangen“. Davon ging er aber bereits in seinem im Vorprozess erstatteten Gutachten aus.
Der Revisionsrekurs hält der Rsp, wonach es keine Wiederaufnahme rechtfertigt, wenn ein Sachverständiger nachträglich von seinem Gutachten abgeht, auch keine überzeugenden Argumente entgegen.