VwGH: Qualifikation von minderjährigen ledigen Kindern als Familienangehörige iSd § 35 Abs 5 AsylG 2005
Der VwGH hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass für die Qualifikation von minderjährigen ledigen Kindern als Familienangehörige nach dem klaren Wortlaut des § 35 Abs 5 AsylG 2005 der Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich ist
§ 35 AsylG 2005, Familienzusammenführung-RL
GZ Ra 2022/18/0309, 16.02.2023
VwGH: Die Revision sieht eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Fehlen von Rsp des VwGH zur Frage, ob es zur Beurteilung der Voraussetzung der Minderjährigkeit eines (ledigen) Kindes eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, stets auf den Zeitpunkt der Stellung des Antrages des Kindes auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 ankommt, und zwar auch im Fall einer „langjährigen“ Dauer des Verfahrens, das zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten geführt hat.
Der VwGH hat jedoch bereits wiederholt ausgesprochen, dass für die Qualifikation von minderjährigen ledigen Kindern als Familienangehörige nach dem klaren Wortlaut des § 35 Abs 5 AsylG 2005 der Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich ist.
Soweit die Revision sinngemäß geltend macht, das Abstellen auf den Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf Gewährung eines Einreisetitels gem § 35 AsylG 2005 zur Beurteilung der Voraussetzung der Minderjährigkeit widerspreche der Richtlinie 2003/86/EG (Familienzusammenführungsrichtlinie), ist darauf hinzuweisen, dass sich der VwGH bereits in seinem Erkenntnis vom 22. November 2017, Ra 2017/19/0218, ausführlich mit dem Verhältnis zwischen der Familienzusammenführungsrichtlinie und § 35 AsylG 2005 auseinandergesetzt hat. Aus den im letztzitierten hg Erkenntnis genannten Gründen ist es nicht geboten, den Anwendungsbereich des § 35 AsylG 2005 zu erweitern, zumal dieser nur eine von mehreren im österreichischen Recht vorgesehenen Möglichkeiten der Familienzusammenführung darstellt, und zwar mit dem asylspezifischen Zweck, für die nachziehenden Personen nach Einreise in das Bundesgebiet ein Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005 zu eröffnen und ihnen denselben Schutz wie dem bereits in Österreich aufhältigen Angehörigen zu gewähren. Dies kommt fallbezogen aber nicht in Betracht. Dass eine unionsrechtliche Verpflichtung bestünde, der Revisionswerberin eine solche Rechtsstellung zu verschaffen, ist auch aus den einschlägigen Urteilen des EuGH zur Richtlinie 2003/86/EG (Familienzusammenführungsrichtlinie) nicht abzuleiten.