04.04.2023 Zivilrecht

OGH: Zum Ausschluss aus der Wohnungseigentumsgemeinschaft

Behauptet der beklagte Wohnungseigentümer eine schuldbefreiende gerichtliche Hinterlegung nach § 1425 ABGB, so ist strittig, ob er noch Zahlungen zu leisten hat; darüber ist iSd § 36 Abs 2 WEG abgesondert mit Beschluss zu entscheiden


Schlagworte: Wohnungseigentumsrecht, Ausschluss, Wohnungseigentümer, Zahlungsrückstand, strittige Höhe, Nachzahlung, Hinterlegung, Entscheidung mit abgesondertem Beschluss
Gesetze:

 

§ 36 WEG, § 33 MRG, § 1425 ABGB

 

GZ 5 Ob 132/22f, 27.02.2023

 

OGH: Ein Wohnungseigentümer ist auf Klage der Mehrheit der übrigen Wohnungseigentümer aus der Gemeinschaft auszuschließen, wenn er seinen Pflichten aus der Gemeinschaft nicht nachkommt, insbesondere die ihm obliegenden Zahlungen auch nicht bis zum Schluss der dem erstinstanzlichen Urteil vorangehenden Verhandlung leistet (§ 36 Abs 1 Z 1 WEG). Für den Ausschließungstatbestand der Nichterfüllung von Pflichten aus der Gemeinschaft insbesondere durch Nichtleistung der obliegenden Zahlungen genügt der objektive Verzug; Verschulden ist nicht erforderlich.

 

Ist strittig, welche Zahlungen der beklagte Wohnungseigentümer zu leisten hat, so ist darüber abgesondert zu verhandeln und mit Beschluss zu entscheiden. Zahlt der beklagte Wohnungseigentümer vor Schluss der dem erstinstanzlichen Urteil vorangehenden Verhandlung den geschuldeten Betrag, so ist die Klage abzuweisen; der beklagte Wohnungseigentümer hat jedoch die Kosten des Verfahrens zu ersetzen, soweit ihn ohne Zahlung eine Kostenersatzpflicht getroffen hätte (§ 36 Abs 2 WEG). Zahlt der beklagte Wohnungseigentümer bis zum Schluss der Verhandlung, so ist die Klage - im Gegensatz zu § 33 Abs 2 und 3 MRG - auch dann abzuweisen, wenn ihn ein grobes Verschulden am Rückstand trifft.

 

Die gerichtliche Hinterlegung nach § 1425 ABGB befreit, wenn sie rechtmäßig geschehen und dem Gläubiger bekannt gemacht worden ist, den Schuldner von seiner Verbindlichkeit. Sie ist damit auf die Schuldbefreiung des Erlegers gerichtet und soll dem leistungsbereiten Schuldner, der sich aus wichtigen Gründen nicht von seiner Schuld befreien kann, als Erfüllungssurrogat dienen. Mit dem Versuch der gerichtlichen Hinterlegung nach § 1425 ABGB geht somit die Behauptung der Beklagten einher, ihre Zahlungsverpflichtungen seien erfüllt.

 

Behauptet der beklagte Wohnungseigentümer eine schuldbefreiende gerichtliche Hinterlegung nach § 1425 ABGB, so ist strittig, ob er noch Zahlungen zu leisten hat. Daran ändert sich auch nichts, sollte dem Erlag der Erstbeklagten die behauptete Erfüllungs- und damit Befreiungswirkung - wie hier von den Vorinstanzen übereinstimmend vertreten - mangels der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Hinterlegung nach § 1425 ABGB tatsächlich nicht zukommen. Auf die Berechtigung der Bestreitung der Zahlungspflicht durch den beklagten Wohnungseigentümer oder auch nur deren Erfolgsaussichten kommt es nicht an. Darüber ist vielmehr iSd § 36 Abs 2 WEG abgesondert mit Beschluss zu entscheiden.