OGH: Zu rechtsunwirksamen Vereinbarungen mit dem Wohnungseigentumsorganisator
Die Verwendung eines als Schutzraum und damit als allgemeinen Teil gewidmeten Kellers als Pelletslager stellt eine unbillige Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer dar
§ 3 WEG, § 38 WEG
GZ 5 Ob 220/22x, 31.01.2023
OGH: Gem § 38 Abs 1 WEG sind Vereinbarungen oder Vorbehalte, die geeignet sind, die dem Wohnungseigentumsbewerber oder Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungs- oder Verfügungsrechte aufzuheben oder unbillig zu beschränken, rechtsunwirksam. Dazu zählen insbesondere (Z 1) von Wohnungseigentumsorganisatoren vereinbarte Mietverträge oder Nutzungsvorbehalte über Teile der Liegenschaft, die sich nur als Zubehörobjekte iSd § 2 Abs 3 WEG eignen oder an denen Wohnungseigentum nicht bestehen kann. Dies betrifft insbesondere allgemeine Teile der Liegenschaft. Die Geltendmachung der Rechtsunwirksamkeit von Mietverträgen und Nutzungsvorbehalten nach § 38 Abs 1 Z 1 WEG steht jedem Wohnungseigentumsbewerber und auch jedem späteren Wohnungseigentümer zu. § 38 Abs 1 WEG kommt auch bei nachträglicher Wohnungseigentumsbegründung an einem bereits bezogenen Gebäude zur Anwendung. Absicht des Gesetzgebers war es, alle Rechtsgeschäfte zu erfassen, die der Wohnungseigentumsorganisator (noch) unter Ausnutzung seiner Vertragsübermacht abschließt oder deren Abschluss durch Wohnungseigentumsbewerber, Wohnungseigentümer oder der Eigentümergemeinschaft er veranlasst. Grund dafür ist die wirtschaftliche, organisatorische und wissensmäßige Übermacht des Wohnungseigentumsorganisators.
Hier diente die Vereinbarung zwischen dem Wohnungseigentumsorganisator und der Beklagten jedenfalls nicht dem - nicht verpönten - Zweck, schon zuvor bestehende Nutzungsrechte der Mieterin an allgemeinen Teilen in entsprechende Rechte nach dem WEG umzuwandeln. Dass die Beschränkungen des § 38 Abs 1 WEG erst gelten, nachdem eine Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG erfolgte, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Auf die Anmerkung abzustellen, würde im Übrigen die Umgehung des § 38 Abs 1 WEG wesentlich erleichtern, was Sinn und Zweck dieser Bestimmung widerspricht.
Dass die Einräumung eines unentgeltlichen Nutzungsrechts an allgemeinen Teilen wie dem Dach und dem Schutzraum § 38 Abs 1 Z 1 WEG unterliegt, ist keine Fehlbeurteilung, die einer Korrektur durch den OGH bedürfte. Der Beweis fehlender Beschränkungseignung der Vereinbarung ist der Beklagten nicht gelungen und die für die Beurteilung der Beeinträchtigung als „unbillig” herangezogenen Überlegungen sind nicht korrekturbedürftig: Abgesehen von der Unentgeltlichkeit der Nutzung kann eine unbillige Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer durchaus aus der Widmung des nun als Pelletslager verwendeten Kellerraums als Schutzraum und damit allgemeinen Teil abgeleitet werden.