14.03.2023 Zivilrecht

OGH: § 34 WEG – zur Richtigkeit, Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit der Rücklagenabrechnungen sowie der Einzelbetriebskostenabrechnungen

Dass die Vorinstanzen übereinstimmend davon ausgingen, eine Überprüfung (auch) der Steuerausweise in den Rücklagenabrechnungen sei zulässig, ist nicht korrekturbedürftig, zumal jeder Wohnungseigentümer einen individuellen Anspruch auf Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der gelegten Abrechnung nach § 20 Abs 3 iVm § 34 WEG hat; dem Einwand, im Fall eines Antrags auf Verhängung einer Geldstrafe sei im Exekutionsverfahren zu klären, ob dem Auftrag entsprochen wurde, ist entgegenzuhalten, dass der Auftrag zur (verbesserten) Abrechnung gem § 34 Abs 3 WEG nicht durch Exekution nach der EO durchsetzbar ist, vielmehr in Fortsetzung des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens zu prüfen wäre, ob und inwieweit der Verwalter seiner Verpflichtung nachgekommen ist


Schlagworte: Wohnungseigentumsrecht, Verwalter, Abrechnung, Rücklagenabrechnungen, Einzelbetriebskostenabrechnungen, Umsatzsteuer, Unbestimmtheit, Zwangsfolgen
Gesetze:

 

§ 34 WEG, § 20 WEG

 

GZ 5 Ob 198/22m, 21.12.2022

 

OGH: Ob die Jahresabrechnung des Verwalters eines Wohnungseigentumsobjekts den gesetzlichen Kriterien, so insbesondere § 34 WEG entspricht, wirft im Regelfall keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf. Die dabei gebotene Prüfung von einzelnen Positionen und/oder dem vom Verwalter (im Einzelfall nach Zweckmäßigkeitsüberlegungen) vorgenommenen Aufbau der Abrechnung schließt eine Rechtsfrage dieser Qualität vielmehr eher aus. Ein Widerspruch zu höchstgerichtlicher Rsp ist nicht erkennbar.

 

Wie die Umsatzsteuer bei der Jahresabrechnung ausgewiesen werden kann, war Gegenstand der E 5 Ob 183/09m. Dort sprach der OGH aus, dass das Steuerkonto der Eigentümergemeinschaft selbst nicht Gegenstand der Prüfung der Jahresabrechnung ist und insoweit nur Leistungsvorgänge auszuweisen sind. Aus dieser Entscheidung ist aber abzuleiten, dass ein Abrechnungsmangel dadurch aufgezeigt wird, dass der Antragsteller – wie auch hier – behauptet, bestimmte Positionen in der Abrechnung würden nicht den „üblichen“ 10 % USt, sondern keiner USt oder dem höheren Steuersatz von 20 % unterliegen. Zu 5 Ob 124/11p sprach der Fachsenat aus, dass die getrennte Anführung von Konten für die 10 %-igen und 20 %-igen Umsätze dieser Entscheidung nicht widerspricht.

 

Dass die Vorinstanzen übereinstimmend davon ausgingen, eine Überprüfung (auch) der Steuerausweise in den Rücklagenabrechnungen sei zulässig, ist daher nicht korrekturbedürftig, zumal jeder Wohnungseigentümer einen individuellen Anspruch auf Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der gelegten Abrechnung nach § 20 Abs 3 iVm § 34 WEG hat. Dass in die Abrechnung aufgenommene steuerliche Positionen auf ihre inhaltliche Richtigkeit über Antrag des Wohnungseigentümers unabhängig davon zu kontrollieren sind, ob die Verwalterin dazu verpflichtet ist, diese in die Abrechnung aufzunehmen, ist daher nicht zu beanstanden.

 

Auch die Auffassung der Vorinstanzen, eine Rechnung, die zwar am 31. 12. 2017 gestellt, jedoch von der Antragsgegnerin erst im Jahr 2018 bezahlt wurde, sei (erst) in die Rücklagenabrechnung 2018 aufzunehmen, ist nicht korrekturbedürftig. Warum es zulässig sein sollte, eine Rechnung betreffend eine „Gesamtsanierung“ zusammen mit den übrigen Rechnungen in die Abrechnung des Jahres der Leistungserbringung aufzunehmen, selbst wenn die Rechnung erst im folgenden Jahr erstellt und/oder bezahlt wird, ist nicht nachvollziehbar.

 

Nach stRsp des OGH dient die Jahresabrechnung nämlich der Darstellung der tatsächlichen Zahlungsflüsse in der betreffenden Abrechnungsperiode – also im Kalenderjahr. Ergebnis dieser Abrechnung muss das tatsächlich Geschuldete sein. Auf einen – schwer zu definierenden – inhaltlichen Zusammenhang mit anderen Rechnungen kommt es daher nicht an. Im Übrigen werteten die Vorinstanzen ohnedies auch weitere Abrechnungspositionen als unrichtig und/oder nicht nachvollziehbar, wozu substanziierte Ausführungen im Revisionsrekurs fehlen. Auf den in diesem Zusammenhang geltend gemachten sekundären Feststellungsmangel ist mangels Relevanz daher nicht einzugehen.

 

Warum der Spruchpunkt 2 des erstgerichtlichen Sachbeschlusses über den Antrag der Antragsteller hinausgehen soll, ist nicht ersichtlich. Sie haben zwar einzelne Einwendungen zu den Einzelbetriebskostenabrechnungen tatsächlich zurückgezogen, allerdings von Anfang an die Legung einer ordentlichen und richtigen Betriebskostenabrechnung für die Perioden 2017–2019 beantragt und dies (ua) mit deren Unschlüssigkeit begründet, weil die Betriebskostenabrechnungen jeweils mit den jährlichen (Sonder-)Rücklagenabrechnungen vermischt worden seien, was zu einem nicht zu durchschauenden Abrechnungskonstrukt geführt habe. Diese Behauptungen zogen die Antragsteller nie zurück und diese machte das Erstgericht zur Grundlage seines Auftrags.

 

Eine Unbestimmtheit dieses Teils des Sachbeschlusses ist nicht erkennbar. Der der Verwalterin erteilte Auftrag ist konkretisiert, überdies könnte selbst im Fall eines – hier nicht vorliegenden – undeutlichen Spruchs die Begründung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses zur Auslegung herangezogen werden. Die Auffassung der Vorinstanzen, die erforderliche Nachvollziehbarkeit der Einzelbetriebskostenabrechnung werde durch die im Spruch genannte Unterlassung der Aneinanderreihung der Aufwandsgruppen der Kostenaufstellung, die verständliche Darstellung der Umsatzsteuerbemessungsgrundlage und den Ausweis des Differenzbetrags zwischen den 10 % bereits geleisteten und dem noch fehlenden Anteil von 20 % USt bei den KFZ-Abstellplätzen erreicht, bedarf keiner Korrektur im Einzelfall. Ob die vom Erstgericht im Einklang mit dem Antrag gewählte Fassung eines Ge- oder Verbots iZm der Begründung ausreicht oder eine andere Fassung angebracht gewesen wäre, geht in seiner Bedeutung über den Einzelfall nicht hinaus.

 

Dem Einwand, im Fall eines Antrags auf Verhängung einer Geldstrafe sei im Exekutionsverfahren zu klären, ob dem Auftrag entsprochen wurde, ist entgegenzuhalten, dass der Auftrag zur (verbesserten) Abrechnung gem § 34 Abs 3 WEG nicht durch Exekution nach der EO durchsetzbar ist, vielmehr in Fortsetzung des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens zu prüfen wäre, ob und inwieweit der Verwalter seiner Verpflichtung nachgekommen ist. In diesem Verfahren hat der Verwalter die Möglichkeit, entsprechend den aufgezeigten Mängeln die erneuerte Abrechnung nochmals zu verbessern und dem Auftrag zu entsprechen.

 

Den Auftrag in Spruchpunkt 2 betreffend die Unterlassung der Aneinanderreihung unterschiedlicher Aufwandsgruppen stützten die Vorinstanzen nicht auf die Ö-NORM A 4000, der von der Rsp tatsächlich keine Bindungswirkung zuerkannt wird. Das Erstgericht begründete seinen Auftrag vielmehr schlüssig mit der mangelnden Nachvollziehbarkeit der Betriebskostenabrechnung bei Vermischung der unterschiedlichen Aufwandsgruppen und stützte sich dabei auf das Sachverständigengutachten, wonach die Vermischung der Aufwandsgruppen (Betriebskosten an Dritte, Ansparungen für das Haus, anteilige Umsatzsteuergutschriften) in der Abrechnung – unabhängig von der Anwendbarkeit der Ö-NORM A 4000 – deren mangelnde Nachvollziehbarkeit zur Folge hatte. Die behauptete Abweichung von höchstgerichtlicher Rsp liegt nicht vor.

 

Dass die Antragsteller keinen Antrag auf Verhängung einer Geldstrafe bei Nichtbefolgung des Auftrags zur Legung der Einzelbetriebskostenabrechnung gestellt hätten, wird erstmals im Revisionsrekurs behauptet. Die insoweit unterbliebene Rechtsrüge im Rekurs kann aber auch im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren nicht mehr nachgetragen werden. Im Übrigen lautete der ursprüngliche Antrag bereits, der Antragsgegnerin die Legung einer ordentlichen und richtigen Betriebskostenabrechnung bei sonstigen Zwangsfolgen aufzutragen. Die Auslegung, dies sei (auch) iSd Antrags auf Verhängung einer Geldstrafe für den Fall der Nichtbefolgung des Auftrags zu verstehen, bedarf keiner Korrektur im Einzelfall.