07.03.2023 Zivilrecht

OGH: Zur Rechtsschutzdeckung iZm Corona

Der OGH hat zwar die COVID-19-Pandemie bislang als Ausnahmesituation iSd Hoheitsausschlusses gewertet, dies schließt aber die Beurteilung auch als Katastrophe nicht aus


Schlagworte: Versicherungsvertragsrecht, Rechtsschutzversicherung, Deckung, Risikoausschluss, Katastrophe, hoheitsrechtliche Anordnungen, Ausnahmesituation, COVID-19
Gesetze:

 

§§ 158j ff VersVG, Art 7 ARB

 

GZ 7 Ob 196/22g, 25.01.2023

 

OGH: Nach Art 7 Z 1 ARB besteht kein Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit hoheitsrechtlichen Anordnungen, die aufgrund einer Ausnahmesituation an eine Personenmehrheit gerichtet sind, sowie mit Katastrophen. Eine Katastrophe liegt vor, wenn durch ein Naturereignis oder ein sonstiges Ereignis dem Umfang nach eine außergewöhnliche Schädigung von Menschen oder Sachen eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht. In der Klausel wird der Begriff der Katastrophe als ein Naturereignis oder ein sonstiges Ereignis definiert, durch das dem Umfang nach eine außergewöhnliche Schädigung von Menschen oder Sachen eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht. Im allgemeinen Sprachgebrauch charakterisiert der Begriff Katastrophe ein besonders schweres Schadensereignis.

 

Nach hL ist die COVID-19-Pandemie aufgrund der weiten Definition in den ARB unter den Begriff der Katastrophe zu subsumieren. Der Fachsenat ist der Ansicht, dass der Katastrophenbegriff im vorliegenden Fall verwirklicht ist, weil die COVID-19-Pandemie im März 2020 eine weltweite, praktisch alle Lebensbereiche erfassende Krise war, die wegen der damals nicht verfügbaren wirksamen Medikation und Impfung eine enorme Zahl an Erkrankten und Toten forderte und überdies massive soziale sowie wirtschaftliche Schäden verursachte. Das „Ereignis“ war der Ausbruch des Virus und die darauffolgende unaufhaltsame weltweite Verbreitung. Dass die Pandemie auch ein zeitlich begrenzter Vorgang ist, zeigt die derzeitige Situation in Europa aber auch die Erfahrung mit früheren Pandemien. Dass ein jahrelang dauernder Vorgang kein „Ereignis“ iSd Bedingungen sein könnte, ergibt sich aus dem Begriff nicht.

 

Der OGH hat zwar die COVID-19-Pandemie bislang als Ausnahmesituation iSd Hoheitsausschlusses gewertet. Dies schließt aber die Beurteilung auch als Katastrophe nicht aus, weil der durchschnittlich verständige VN im vorliegenden Zusammenhang eine Pandemie sowohl als „Ausnahmesituation“ als auch als „Katastrophe“ ansehen wird. Die COVID-19-Pandemie ist daher im hier relevanten Zeitraum (Frühjahr 2020) als Katastrophe iSd Art 7.1.1.2 ARB zu werten.