OGH: Grober Undank iSd § 948 ABGB
Ob eine festgestellte strafgesetzwidrige Handlung eines Beschenkten einen Mangel an dankbarer Gesinnung bekundet, der den Widerruf der Schenkung wegen Undanks nach § 948 ABGB rechtfertigt, ist eine Frage der Einzelfallgerechtigkeit
§ 948 ABGB
GZ 9 Ob 104/22t, 24.01.2023
OGH: Voraussetzung des groben Undanks nach § 948 ABGB ist einerseits, dass der Beschenkte gegen den Schenker ein strafgerichtlich zu ahndendes Verhalten gesetzt hat, das andererseits das Merkmal des groben Undanks erfüllt. Ein Widerrufsrecht des Geschenkgebers begründet nur eine Handlung, die schwer genug scheint, um die Entziehung des Geschenks zu rechtfertigen, die also eine verwerfliche Außerachtlassung der Dankbarkeit gegenüber dem Schenker zum Ausdruck bringt. Wird zu den Vorwürfen keine strafrechtliche Verurteilung behauptet, ist im Zivilverfahren als Vorfrage zu prüfen, ob ein strafbarer Tatbestand gesetzt wurde. Eine vorausgegangene erhebliche Reizung durch den Schenker kann uU dem Verhalten des Beschenkten den Charakter des groben Undanks nehmen. Streitereien und Feindseligkeiten reichen dafür nicht aus. Dabei ist aber nicht nur das zum Anlass des Widerrufs genommene Verhalten für sich allein zu beurteilen, sondern eine Gesamtbeurteilung aller Umstände erforderlich.
Ob eine festgestellte strafgesetzwidrige Handlung eines Beschenkten einen Mangel an dankbarer Gesinnung bekundet, der den Widerruf der Schenkung wegen Undanks nach § 948 ABGB rechtfertigt, ist eine Frage der Einzelfallgerechtigkeit, die vom OGH nur überprüft werden darf, wenn dem Berufungsgericht ein grober Auslegungsfehler unterlief. Einen solchen Fall zeigt die Revisionswerberin nicht auf:
Nach den Feststellungen stand der Traktor im Eigentum des Klägers, als ihn die Beklagte mit Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz zwischen dem Frühjahr 2021 und Oktober 2021 in einer Scheune versperrte, sodass ihn der Kläger nicht verwenden konnte: Der Traktor war – anders als zwei weitere Zugmaschinen – im Übergabevertrag vom 31. 3. 2017 nicht ausdrücklich als Teil der übergebenen landwirtschaftlichen Maschinen erwähnt. Im Rahmen des Übergabevertrags besprachen die Streitteile, dass der Traktor insbesondere zur weiteren Durchführung von Holzschlägerungen im weiteren Eigentum des Klägers verbleiben sollte. Die Beklagte sollte ihn jedoch auch zur Bewirtschaftung des ihr übergebenen Hofs verwenden dürfen, weil er zur Bewirtschaftung der teilweise steilen Hänge am besten geeignet war. Soweit die Revisionswerberin in ihren Ausführungen davon ausgeht, dass der Traktor entgegen diesen Feststellungen nicht im Eigentum des Klägers verblieb, ist die Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist. Mit ihren Ausführungen, dass der Übergabevertrag insgesamt dahin auszulegen sei, dass auch der Traktor an die Beklagte mit übergeben werden sollte, wünscht die Revisionswerberin letztlich eine andere Vertragsauslegung, womit sie jedoch keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt.
Auch mit ihren weiteren Ausführungen zeigt die Beklagte schon deshalb keine unvertretbare Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht auf, weil dieses entgegen ihren Behauptungen sehr wohl eine Gesamtabwägung der Umstände vorgenommen hat und dabei auch die nachvollziehbare tiefe Kränkung der Beklagten berücksichtigt hat, die darin lag, dass der Kläger, ihr Vater, nach ihrer Scheidung nicht für sie, sondern für ihren geschiedenen Mann Partei ergriffen hatte. Der Beklagten sind mehrere strafbare Handlungen gegen den Kläger vorwerfbar, auf die sie in ihrer Revision teilweise gar nicht mehr näher eingeht (etwa der Vorwurf der Nötigung des Klägers oder des Missbrauchs von Tonaufnahme- oder Abhörgeräten). Der Behauptung der Beklagten, sie hätte einen vertretbaren Rechtsstandpunkt eingenommen, als sie den Traktor des Klägers für ein halbes Jahr für diesen unzugänglich versperrte, stehen neuerlich die Feststellungen des Erstgerichts entgegen: Danach fassten die Beklagte und ihr Lebensgefährte gemeinsam den Entschluss, den Traktor in der Scheune zu versperren, was der Lebensgefährte nach Absprache mit der Beklagten im Frühjahr 2021 auch tat. Die Beklagte hielt es ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass der Traktor im Eigentum des Klägers steht und dass sie durch das Versperren den (Mit-)Gewahrsam des Klägers an der Zugmaschine bricht. Dabei kam es ihr darauf an, sich den Traktor zuzueignen und sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern. Das Berufungsgericht hob zutreffend hervor, dass zwar die Taten der Beklagten teilweise in einem nachvollziehbaren Kontext zum Verhalten des Klägers gesetzt wurden. Aber dem Wegsperren des – für den Kläger wirtschaftlich bedeutsamen – Traktors für ein halbes Jahr, der heimlichen Aufnahme von Gesprächen zwischen der Beklagten und ihren Eltern, die die Beklagte einem Dritten zugänglich machte, sowie dem Wegsperren des Einachsanhängers, den der Kläger kaufen wollte, ging jeweils keine Provokation des Klägers voran. Lediglich der Nötigung des Klägers – die Beklagte fuhr am 1. 5. 2020 mit dem Auto zügig beschleunigend auf ihn zu, um ihn zum Ausweichen zu zwingen – ging eine Provokation des Klägers voran („dir gehört eine runtergehauen“). An der Gesamtbeurteilung des Berufungsgerichts, dass vor diesem Hintergrund die Handlungen der Beklagten trotz der Spannungen der Streitteile nicht mehr zu rechtfertigen sind, vermag die Revisionswerberin keine begründeten Bedenken zu wecken.