OGH: Zur Verwechslungsgefahr bei Wort-Bild-Marken
Bei „ZARA“ und „AZRA“ heben die Umstellung der ersten beiden Buchstaben, der Beginn mit einem Vokal statt einem Konsonanten und die unmittelbare Aufeinanderfolge der beiden, vom Vokal „A“ umrahmten, Konsonanten „Z“ und „R“ die angegriffene Marke von der Widerspruchsmarke in klanglicher wie bildlicher Weise deutlich ab
§ 10 MSchG, Art 9 GMV, § 9 UWG
GZ 4 Ob 183/22y, 20.12.2022
OGH: Zwar tritt idR bei einem aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzten Zeichen zumindest ein Wort beherrschend hervor. Für den Ähnlichkeitsvergleich sind aber die einzelnen Zeichenbestandteile nicht isoliert zu betrachten und dürfen nicht nur die nicht übereinstimmenden Zeichenteile zugrunde gelegt werden; vielmehr ist in jedem Einzelfall zu prüfen, welcher Einfluss auf den Gesamteindruck des Zeichens den einzelnen Markenteilen zukommt. Dabei können auch schutzunfähige oder „schwache“ Zeichenbestandteile im Einzelfall iVm anderen Elementen den Gesamteindruck eines Zeichens beeinflussen. Es darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass das charakteristische Merkmal eines Zeichens grundsätzlich nicht auf einem schutzunfähigen oder nur schwachen Zeichenbestandteil liegt, die Aufmerksamkeit des Käufers vielmehr in solchen Fällen zwangsläufig auf die übrigen Zeichenelemente gelenkt wird; schutzunfähige oder schwache Teile tragen im Allgemeinen so wenig zum Gesamteindruck des Zeichens bei, dass schon relativ geringe Abweichungen in den restlichen Bestandteilen idR ausreichen, um die Gefahr von Verwechslungen zu beseitigen.
Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist für den Gesamteindruck idR der Wortbestandteil maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort - sofern es unterscheidungskräftig ist - zu orientieren pflegt und va dieses Wort im Gedächtnis behalten wird. Es kommt nicht darauf an, dass alle Buchstaben ident wären oder sich hier sechs der acht an derselben Position befänden; es geht auch nicht an, hier die Abfolge und Stellung der Konsonanten auszublenden und die Vokalfolge hervorzuheben, wie dies der Revisionsrekurs unternahmen. Vielmehr heben gerade die Umstellung der ersten beiden Buchstaben und der Beginn mit einem Vokal statt einem Konsonanten sowie die unmittelbare Aufeinanderfolge der beiden, vom Vokal „A“ umrahmten, Konsonanten „Z“ und „R“ die angegriffene Marke von der Widerspruchsmarke in klanglicher wie bildlicher Weise deutlich ab; dies gilt auch dann, wenn man „HOME“ in die Betrachtung beider einbezieht. Dass beide Zeichen auch orientalisch anmutende weibliche Vornamen enthalten mögen, vermag diese Unterschiede nicht zu nivellieren, selbst wenn man unter Hinweis auf das erste Buch Mose die biblische Frau Abrahams, Sara, mit dem Markenbestandteil „ZARA“ in Verbindung bringen wollte, was aber dem durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher nicht geläufig sein wird.