VwGH: Bescheid – Gültigkeit / Auslegung
Fehlzitate und Schreibfehler sind als unbeachtlich, dh als dem richtigen Bescheidverständnis selbst dann nicht im Wege stehend anzusehen, wenn noch kein Berichtigungsbescheid erlassen wurde
§§ 56 ff AVG
GZ Ra 2022/07/0066, 06.12.2022
VwGH: Nach der stRsp des VwGH reicht es für die Gültigkeit eines Bescheides, dass der Adressat der Erledigung insgesamt eindeutig entnommen werden kann. Dieses Erfordernis ist erfüllt, wenn bei schriftlichen Ausfertigungen aus Spruch, Begründung und Zustellverfügung iZm den anzuwendenden Rechtsvorschriften eindeutig erkennbar ist, welchem individuell bestimmten Rechtsträger gegenüber die Behörde einen Bescheid erlassen wollte. Entscheidend ist, dass für die Beteiligten des Verfahrens als Betroffene des Bescheides sowie für die Behörde und in weiterer Folge für die Verwaltungsgerichte und den VwGH die Identität des Bescheidadressaten zweifelsfrei feststeht. Es entspricht weiters der Jud des VwGH, dass eine Umdeutung des Bescheidadressaten zwar nicht in Betracht kommt. Anderseits sind Fehlzitate und Schreibfehler als unbeachtlich, dh als dem richtigen Bescheidverständnis selbst dann nicht im Wege stehend anzusehen, wenn noch kein Berichtigungsbescheid erlassen wurde. Die Auslegung eines konkreten Bescheides betrifft den Einzelfall und könnte nur dann eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen, wenn sie in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre.
Im vorliegenden Fall ist das VwG in Auslegung des Bescheides der BH Innsbruck vom 20. Jänner 2022 davon ausgegangen, dass Adressat dieses Bescheides, der nach der Zustellverfügung an „H [...] GmbH Masseverwalter Dr. W O“ gerichtet war, Dr. W O in seiner Eigenschaft als Masseverwalter der Zweitrevisionswerberin gewesen ist. Dass diese Beurteilung fallbezogen unvertretbar gewesen wäre, vermag die Revision nicht aufzuzeigen.