09.01.2023 Arbeitsrecht

VwGH: Ruhepause gem § 48b BDG

Die Regelung des § 48b BDG ist in dem Sinn zu verstehen, dass jedenfalls bei einer Gesamtdauer der Tagesdienstzeit von mehr als sechs Stunden eine Ruhepause von einer halben Stunde als Teil der Dienstzeit einzuräumen ist, wobei diese - je nach den betrieblichen Erfordernissen - im Rahmen eines „Normaldienstplanes“ als durchgängige halbstündige Pause gewährt werden kann oder - bei durchgehender Dienstzeit“ in Gestalt zweier oder dreier entsprechend kürzerer Ruhepausen; die Bestimmungen der §§ 48 ff BDG können durch Betriebsvereinbarungen nicht mit Wirksamkeit für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis modifiziert werden


Schlagworte: Beamtendienstrecht, Ruhepausen, Dienstzeitblöcke, Betriebsvereinbarungen, Mehrdienstleistungen
Gesetze:

 

§ 48b BDG, § 146 ArbVG, § 49 BDG

 

GZ Ra 2022/12/0042, 09.11.2022

 

VwGH: Zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision beruft sich die revisionswerbende Partei zunächst darauf, dass in der Rsp des VwGH nicht geklärt sei, ob ein gesetzlicher Anspruch auf Einräumung einer Ruhepause gem § 48b BDG innerhalb der Dienstzeit bestehe, wenn die angeordnete Tagesdienstzeit acht Stunden, die in zwei Dienstzeitblöcke (mit jeweils weniger als 6 Stunden) mit einer dazwischen liegenden Zeit von zumindest 30 Minuten geteilt ist, betrage.

 

Dazu genügt es darauf hinzuweisen, dass der Vorjudikatur des VwGH zu § 48b BDG Sachverhalte zu Grunde lagen, in denen zwischen zwei Dienstzeitblöcken angeordnete „Dienstzeitunterbrechungen“ vorgesehen waren, und der VwGH gerade zu diesen Konstellationen die Verpflichtung zur Gewährung einer halbstündigen Pause innerhalb der Dienstzeit bejaht hat.

 

Auch durch den Hinweis auf die Erläuterungen zu § 48b BDG und die bezughabenden Ausführungen des VwGH in den zitierten Entscheidungen lässt sich für die revisionswerbende Partei nichts gewinnen. Die revisionswerbende Partei geht davon aus, dass der VwGH in seiner Rsp die Qualifikation von Ruhepausen als Teil der Dienstzeit unter Berufung auf die Erläuterungen zu § 48b BDG damit begründet habe, dass dies „in Bereichen mit einem Normaldienstplan“ der bis zum Inkrafttreten der Novelle, mit der § 48b BDG eingeführt worden sei, geübten Praxis entsprochen habe. Der VwGH habe darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber, wenn er von dieser Praxis hätte abgehen und verfügen wollen, dass die bislang gewährte Mittagspause nunmehr als Ruhepause nicht mehr auf die regelmäßige Wochendienstzeit anzurechnen sei, was zu einer Verschiebung des Endes der nach dem Normaldienstplan zu versehenden Dienstzeit um eine halbe Stunde geführt hätte, diese tiefgreifende Änderung zumindest in den Materialien hervorgehoben worden wäre. Nach Ansicht des VwGH wäre es nahegelegen, diesen (für den Bund positiven) budgetären Effekt hervorzukehren. In weiterer Folge geht die revisionswerbende Partei davon aus, dass fallbezogen keine solche Konstellation vorliege, in der die Gewährung einer Ruhepause außerhalb der Dienstzeit zu einer Verschiebung des Endes der Dienstzeit führen würde. Deshalb meint sie, der Gesetzgeber hätte, wenn er auch insoweit hätte anordnen wollen, dass die Ruhepause in der Dienstzeit zu gewähren sei, in den Erläuterungen darauf hingewiesen, dass bisher nicht bezahlte Ruhepausen künftig als Mehrdienstleistungen abzugelten seien.

 

Mit diesen Ausführungen übersieht die revisionswerbende Partei jedoch zunächst, dass der VwGH in dem Beschluss vom 21. Oktober 2016, Ra 2015/12/0051, bereits dargetan hat, dass die angesprochene Stelle in den Materialien dahin zu verstehen ist, dass darin „Bereiche mit Normaldienstplan“ „Bereichen mit durchgehender Dienstzeit“ gegenüber gestellt werden. Dabei bezieht sich der Begriff „durchgehende Dienstzeit“ nicht auf die Dienstzeit des individuellen Beamten, sondern auf den „Bereich“. Anderenfalls wäre nicht einzusehen, inwiefern eine „durchgehende Dienstzeit“ vorläge, wenn mehrere kürzere Pausen gewährt werden. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen ist aber klar, dass die Regelung des § 48b BDG bereits nach dem im zitierten Beschluss zum Ausdruck kommenden Verständnis des VwGH in dem Sinn zu verstehen ist, dass jedenfalls bei einer Gesamtdauer der Tagesdienstzeit von mehr als sechs Stunden eine Ruhepause von einer halben Stunde als Teil der Dienstzeit einzuräumen ist, wobei diese - je nach den betrieblichen Erfordernissen - im Rahmen eines „Normaldienstplanes“ als durchgängige halbstündige Pause gewährt werden kann oder - bei durchgehender Dienstzeit“ in Gestalt zweier oder dreier entsprechend kürzerer Ruhepausen.

 

Weiters wird in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision behauptet, es liege keine Rsp des VwGH zu der Frage vor, ob der gesetzliche Anspruch auf Einräumung der Ruhepause gem § 48b BDG auch dann bestehe, wenn eine auf der Grundlage von Bescheiden der Schlichtungsstelle erlassene Betriebsvereinbarung Gegenteiliges vorsehe.

 

Der VwGH geht in seiner stRsp davon aus, dass Betriebsvereinbarungen bei Kollision mit zweiseitig oder absolut zwingenden Gesetzesbestimmungen niemals, bei einseitig zwingendem Gesetz nur bei Günstigkeit durchzudringen vermögen. Die Bestimmungen der §§ 48 ff BDG könnten daher durch Betriebsvereinbarungen nicht mit Wirksamkeit für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis modifiziert werden.

 

Anders als die revisionswerbende Partei unterstellt, geht aus dieser Rsp nicht hervor, dass die darin getroffenen grundlegenden Aussagen über das Verhältnis von Betriebsvereinbarungen und öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen auf solche Betriebsvereinbarungen beschränkt sind, die auf eine bestimmte Art zustande gekommen sind, und deshalb unklar ist, ob sie auch für Betriebsvereinbarungen gelten, bezüglich derer die Zustimmung des Betriebsrates durch Entscheidung einer Schlichtungsstelle nach § 146 ArbVG substituiert wurde. Vielmehr gelten solche Entscheidungen nach der ausdrücklichen Anordnung des § 146 Abs 2 ArbVG „als Betriebsvereinbarungen“, durch die folglich gemäß der Rsp des VwGH gesetzlich zwingend zuerkannte Rechtspositionen nicht verschlechtert werden können.

 

Schließlich wird zur Begründung der Zulässigkeit der Revision ins Treffen geführt, das VwG habe keine Feststellungen dazu getroffen, dass Mehrdienstleistungen über die im Dienstplan vorgesehenen acht Stunden hinaus angeordnet worden und alle der in § 49 Abs 1 Z 1 bis 4 BDG normierten Voraussetzungen (kumulativ) vorgelegen seien. Es wird dargetan, dass das Erkenntnis von der Rsp des VwGH abweiche, wonach für die Gebührlichkeit von Nebengebühren die tatsächliche Erbringung der anspruchsbegründenden Leistung maßgeblich sei.

 

Dazu ist festzuhalten, dass die Anordnung der Mehrdienstleistungen gegenständlich schon durch die Festlegung einer Tagesdienstzeit (in Dienstblöcken) von mehr als acht Stunden erfolgte. Unter Einbeziehung einer halbstündigen Ruhepause gem § 48b BDG ergibt sich daher, dass jeweils zumindest die letzte halbe Stunde der angeordneten Dienstzeit eine angeordnete Mehrdienstleistung darstellte. Insoweit bedurfte es weder Feststellungen zum kumulativen Vorliegen der in § 49 Abs 1 Z 1 bis 4 BDG genannten Voraussetzungen noch ist erkennbar, dass das VwG von der von der revisionswerbenden Partei angeführten Rsp des VwGH abgewichen wäre.