06.12.2022 Verfahrensrecht

OGH: Zur Schlüssigkeit der Klage (Schadenersatz wegen kreditschädigender Äußerungen)

Werden für den eingeklagten Anspruch schlüssige rechtserzeugende Tatsachen nicht angegeben und lässt sich auch durch richterliche Anleitung (§§ 182, 182a ZPO) eine solche Angabe nicht erreichen, ist die Klage wegen Unschlüssigkeit abzuweisen


Schlagworte: Schlüssigkeit, Klage, anspruchsbegründende Tatsachen, Tatsachenbehauptungen, Vorbringen, Schadenersatz, Kreditschädigung
Gesetze:

 

§§ 182 ff ZPO, § 226 ZPO, §§ 1295 ff ABGB, § 1330 ABGB

 

GZ 6 Ob 173/22t, 17.10.2022

 

OGH: Ein Klagebegehren ist rechtlich schlüssig, wenn das Sachbegehren des Klägers materiell-rechtlich aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen abgeleitet werden kann. Nach dem klaren Wortlaut des § 226 Abs 1 ZPO geht das Gesetz davon aus, dass der Kläger in Erfüllung seiner Substantiierungslast konkrete Tatsachen vorzubringen hat. Weder Angaben in der Parteiaussage noch die Vorlage von Urkunden können das vom Kläger zu erstattende Tatsachenvorbringen ersetzen. Werden jedoch für den eingeklagten Anspruch schlüssige rechtserzeugende Tatsachen nicht angegeben und lässt sich auch durch richterliche Anleitung (§§ 182, 182a ZPO) eine solche Angabe nicht erreichen, ist die Klage wegen Unschlüssigkeit abzuweisen.

 

Hier brachte die Klägerin trotz mehrfacher Erörterung durch das Gericht (und nachdem schon die Beklagten die insoweit gegebene Schwäche der Klage aufgezeigt hatten) nur vor, die Schadenshöhe ergebe sich „ua aus dem entgangenen Gewinn“. Sie erläuterte den geltend gemachten Pauschalbetrag von € 15.000 lediglich dahin, dass es sich dabei „um jenen wirtschaftlichen Verlust handle, der zumindest eingetreten“ sei. Die erneute Erörterung der Unschlüssigkeit nach Einvernahme der Parteien und eines Zeugen führte lediglich zur Präzisierung wenigstens des Zeitraums, für den Schadenersatz begehrt wird, und zu den Behauptungen, die Äußerungen der Beklagten seien „jedenfalls kausal“ gewesen, „die Reduktion des Umsatzes und der damit einhergehende Verlust an Gewinn“ ergebe sich aus der Abwanderung von Stammkunden, die die Leistungen des Unternehmens aufgrund der „im Fernsehen getätigten Äußerungen“ der Beklagten nicht mehr in Anspruch nehmen haben wollen. Die Klägerin schlüsselte den von ihr für einen über ein Wirtschaftsjahr hinausgehenden Zeitraum begehrten (Mindest-)Pauschalbetrag an Schadenersatz nicht auf und erklärte auch nicht, wie sie zur Schadenshöhe kam. Sie trug weder für die Zeit vor der Ausstrahlung der Fernsehsendung noch für den nachfolgenden Zeitraum Umsatzzahlen, Deckungsbeiträge, von ihr jeweils erwirtschaftete Gewinne oder Kunden- bzw Auftragszahlen, die miteinander hätten verglichen werden können, vor. Auch ihre Einschätzung des hypothetischen Geschäftsverlaufs (ohne Ausstrahlung der Fernsehsendung) aufgrund der bisherigen Ertragssituation legte sie nicht dar. Obwohl ihr dies leicht möglich gewesen wäre, nannte sie keinen einzigen Stammkunden, von dem sie glaubt, dass er - wegen der Fernsehsendung - ausgeblieben sei. Bei dieser Sachlage liegt in der von den Umständen des Einzelfalls abhängigen Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klage sei (insbesondere zur Höhe) trotz mehrfacher Erörterung unschlüssig geblieben und schon deswegen abzuweisen, keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung.