OGH: Zu den „Anrainerbestimmungen“ im EisbG iZm der Errichtung eines Forstwegs
Dem Errichter eines Forstwegs kann die Unkenntnis des Erfordernisses einer eisenbahnrechtlichen Bewilligung nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn die bescheiderlassende Behörde (BH) demselben Rechtsirrtum unterlag
§ 2 ABGB, §§ 1295 ff ABGB, § 1311 ABGB, §§ 43 ff EisbG
GZ 2 Ob 152/21y, 25.10.2022
OGH: Gem § 43 Abs 1 EisbG ist in der Umgebung von Eisenbahnanlagen (Gefährdungsbereich) die Errichtung von Anlagen oder die Vornahme sonstiger Handlungen verboten, durch die der Bestand der Eisenbahn oder ihr Zugehör oder die regelmäßige und sichere Führung des Betriebs der Eisenbahn und des Betriebs von Schienenfahrzeugen auf der Eisenbahn sowie des Verkehrs auf der Eisenbahn, insbesondere die freie Sicht auf Signale oder auf schienengleiche Eisenbahnübergänge, gefährdet wird. Gem § 44 EisbG hat die BH auf Antrag des Eisenbahnunternehmens die Beseitigung eines durch verbotswidriges Verhalten oder entgegen einer zivilrechtlichen Einigung herbeigeführten Zustands anzuordnen. Gem § 45 EisbG sind die innerhalb des Gefährdungsbereichs durch Naturereignisse (wie Lawinen, Erdrutsch, natürlicher Pflanzenwuchs) eingetretenen Gefährdungen der Eisenbahn (§ 43 Abs 1 EisbG) vom Eisenbahnunternehmen zu beseitigen. Wenn der Verfügungsberechtigte hiezu seine Zustimmung verweigert, so hat ihm die BH auf Antrag des Eisenbahnunternehmens die Duldung der Beseitigung aufzutragen. Die „Anrainerbestimmungen“ im EisbG ua über den Gefährdungsbereich (§ 43 EisbG) mit den dazu korrespondierenden Beseitigungsregelungen in § 44 EisbG und § 45 EisbG normieren Regelungen für den räumlichen Nahebereich schon bestehender Eisenbahnanlagen. Sie statuieren ein Verbot der Errichtung bahnfremder Anlagen im Bauverbotsbereich, verbieten zudem (generalisierend) nicht nur die Errichtung von Anlagen, sondern allgemein die Vornahme sonstiger gefährdender Handlungen im Gefährdungsbereich und statuieren schließlich Regelungen zur Durchsetzung dieser Vorschriften.
Die Unkenntnis verwaltungsrechtlicher Vorschriften begründet ein Schadenersatzansprüche auslösendes Verschulden nur dann, wenn sie auf der Außerachtlassung der im besonderen Fall gebotenen Aufmerksamkeit beruht. Nach der Rsp ist ein Rechtsirrtum jedenfalls immer dann entschuldbar, wenn ein deckungsgleicher Rechtsirrtum einer Behörde vorliegt oder eine Auskunft oder ein Rechtsakt einer Behörde Grundlage für den Rechtsirrtum ist. Für diesen Fall ist von der Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt nicht auszugehen. Durch die Bewilligung eines bestimmten Verhaltens durch eine - wenn auch unzuständige - Behörde entfällt die Sorgfaltswidrigkeit. Den Beklagten kann hier die Unkenntnis des Erfordernisses einer eisenbahnrechtlichen Bewilligung deshalb nicht zum Vorwurf gemacht werden, weil die bescheiderlassende Behörde (BH) demselben Rechtsirrtum unterlag und die Beteiligten auf die Bewilligung der BH vertrauen durften, auch wenn sie sich später als unrichtig herausstellen sollte.