OGH: Zum Feststellungsinteresse (im Schadenersatzrecht)
Ist „mit Spät- und Dauerfolgen aus medizinischer Sicht nicht zu rechnen bzw sind diese nicht zu erwarten“, so ergibt sich daraus nicht mit Sicherheit, dass künftige Schäden nicht (doch) eintreten werden; das Feststellungsinteresse ist unter diesen Voraussetzungen zu bejahen
§ 228 ZPO
GZ 4 Ob 172/22f, 18.10.2022
OGH: Das Interesse des Geschädigten iSd § 228 ZPO an der Feststellung der Haftung des Schädigers für künftige Schäden ist nach der Rsp schon dann gegeben, wenn weitere Schäden aus dem im Feststellungsbegehren bezeichneten Ereignis nicht ausgeschlossen werden können.
Wird festgestellt, dass „mit zukünftig eintretenden Schäden nicht zu rechnen ist“ oder weitere Schmerzen, ja sogar Spätfolgen oder Dauerfolgen, „nicht zu erwarten“ seien, ergibt sich daraus nicht mit Sicherheit, dass künftige Schäden nicht (doch) eintreten werden. Ein Feststellungsinteresse wäre unter diesen Voraussetzungen zu bejahen.
Nur in Fällen, in denen der Eintritt künftiger Schäden „mit Sicherheit ausgeschlossen“ oder mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen“ oder im Fall einer Erkrankung als Folge des schädigenden Ereignisses „mit der in der Medizin möglichen Sicherheit ausschließbar“ ist, fehlt ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung einer (potentiellen) Haftung für zukünftige Schäden.
Das Erstgericht stellte im vorliegenden Fall fest, dass mit Spät- und Dauerfolgen „aus medizinischer Sicht nicht zu rechnen sei“. Da Spät- und Dauerfolgen damit nicht auszuschließen sind, kann auch die Hilfsbegründung des Berufungsgerichtes, die Klägerin habe die Feststellung unbekämpft gelassen, dass mit Spät- und Dauerfolgen nicht zu rechnen sei, die Abweisung des Feststellungsbegehrens nicht tragen. Auch Spät- und Dauerfolgen sind daher im fortgesetzten Verfahren zum Feststellungsbegehren zu prüfen.