OGH: Zu grenzüberschreitendem Sicherungseigentum
Sieht das Recht eines Staats einen wirksamen Erwerb von „gewöhnlichem“ Eigentum auch ohne Übergabe vor, ist dieser Erwerb auch am neuen Lageort wirksam, weil der Eigentumserwerb ein bereits abgeschlossener Tatbestand iSd § 7 IPRG ist
§ 7 IPRG, § 31 IPRG, §§ 929 ff BGB
GZ 7 Ob 99/22t, 24.08.2022
OGH: Nach deutschem Recht überträgt bei einer Sicherungsübereignung der Sicherungsgeber das Eigentum an einer oder mehreren Sachen zur Sicherung einer oder mehrerer Forderungen auf den Sicherungsnehmer mit der Abrede, dass dieser von dem ihm überlassenen Eigentum nur im Rahmen der Zweckbestimmung Gebrauch machen darf. Die Eigentumsübertragung erfolgt durch Übereignung gem §§ 929 bis 931 BGB, wobei das - hier vereinbarte - Besitzkonstitut gem § 930 BGB die Regel bildet.
Der OGH ging bereits von seinem früheren Standpunkt ausdrücklich ab und nahm unter Bezugnahme auf Lit und Rsp eine Neubewertung der Rechtslage bei grenzüberschreitenden Sicherungsrechten vor: Er folgerte, dass bereits nach einer an Wortlaut und Normzweck orientierten Auslegung der §§ 7, 31 IPRG der Untergang eines in Deutschland wirksam begründeten Eigentums (bloß) durch den Import der Sache nach Österreich nicht zu begründen und eine Verletzung des Unionsrechts idZ daher ausgeschlossen ist.
Sieht das Recht eines Staats einen wirksamen Erwerb von „gewöhnlichem“ Eigentum auch ohne Übergabe vor, ist der Erwerb ungeachtet der unterschiedlichen Rechtslage des neuen Lageorts auch dort wirksam, weil der Eigentumserwerb ein bereits abgeschlossener Tatbestand iSd § 7 IPRG ist. Nichts anderes kann für eine wirksam vorgenommene Sicherungsübereignung gelten, die zu einer Vollrechtsübertragung führt. Der mit einem späteren Transport bewirkte Statutenwechsel kann nicht zurückwirken. Ein Rechtsverlust stünde auch im Widerspruch zum in § 7 IPRG allgemein anerkannten Prinzip der wohlerworbenen Rechte (droits aquis), welche auch unter dem neuen Statut erhalten bleiben, wenn das erworbene Recht an der Sache dem neuen Statut nicht völlig wesensfremd ist. Das trifft auf in Deutschland zur Sicherung übertragenes Eigentum nicht zu, weil ein solches Institut auch in Österreich anerkannt ist.
Im Umstand, dass nach deutschem Recht ein Besitzkonstitut ausreicht, um Sicherungseigentum wirksam zu begründen, liegt auch kein Verstoß gegen den ordre public, ist doch von dieser Klausel sparsamst Gebrauch zu machen und zwar nur dann, wenn Grundwertungen des österreichischen Rechts verletzt werden. Diese Voraussetzung ist bei einer Sicherungsübereignung ohne erschwerte Publizitätserfordernisse jedenfalls nicht erfüllt, zumal in der österreichischen Rechtsordnung der Eigentumsvorbehalt - als anerkanntes Institut, das der Sicherungsübereignung wirtschaftlich nahekommt - ebenfalls ohne erschwerte Publizitätsvoraussetzungen wirksam ist.