20.09.2022 Verfahrensrecht

OGH: Zu Anrechnung der Dauer des Zahlungsplans auf das Abschöpfungsverfahren

Die Anrechnung nach § 198 Abs 1 Z 2 IO ist auf die Frist des § 280 IO nicht anzuwenden


Schlagworte: Insolvenzrecht, Schuldenregulierungsverfahren, Änderung des Zahlungsplans, Einleitung des Abschöpfungsverfahrens, Anrechnung der Dauer des Zahlungsplans
Gesetze:

 

§ 198 IO, § 280 IO

 

GZ 8 Ob 67/22v, 29.06.2022

 

OGH: Ändert sich die Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners ohne dessen Verschulden, sodass er fällige Verbindlichkeiten des Zahlungsplans nicht erfüllen kann, und ist im Zahlungsplan darauf nicht Bedacht genommen worden, so kann er nach § 198 Abs 1 IO neuerlich die Abstimmung über einen Zahlungsplan und die Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens beantragen.

 

Im vorliegenden Fall richtete sich die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens nach der Rechtslage vor dem IRÄG 2017. Danach erforderte die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens mit Restschuldbefreiung eine Erklärung des Schuldners, nach der er den pfändbaren Teil seiner Einkünfte für die Zeit von 7 Jahren nach Einleitung des Abschöpfungsverfahrens an einen Treuhänder abtritt. Wurde das Abschöpfungsverfahren aufgrund eines Antrags auf Abänderung des Zahlungsplans eingeleitet, war die bisherige Frist des Zahlungsplans auf die Dauer des Abschöpfungsverfahrens zur Hälfte anzurechnen. Durch die Verkürzung des Abschöpfungsverfahrens sollte den bisherigen Bemühungen des Schuldners im Rahmen des Zahlungsplans Rechnung getragen werden.

 

Nach § 280 IO ist aber auch ein Abschöpfungsverfahren, das vor dem 31. 10. 2017 eröffnet wurde, auf Antrag des Schuldners zu beenden, wenn die Abtretungserklärung abgelaufen ist oder „seit dem 1. November 2017 fünf Jahre der Abtretungserklärung“ abgelaufen sind. Durch diese Übergangsregelung soll sichergestellt werden, dass ein „Altverfahren“ nicht länger dauert als ein am 1. 11. 2017 eingeleitetes Neuverfahren. Auch in solchen Abschöpfungsverfahren ist eine Restschuldbefreiung ohne Mindestquote möglich. Während eine Mindestquote nach § 280 IO auch in sämtlichen anhängigen Verfahren entfällt, kommt die Verkürzung des Abschöpfungszeitraums auf 5 Jahre in diesen alten Verfahren, wenn überhaupt, nur zeitverzögert und nicht in vollem Ausmaß zum Tragen.

 

In allen laufenden Verfahren, in denen die Abtretung vor dem 1. 11. 2015 wirksam wurde, bleibt es unverändert bei einer insgesamt siebenjährigen Laufzeit. Nur wenn der Abschöpfungszeitraum erst nach diesem Datum zu laufen begonnen hat, verringert sich nach § 280 IO die effektive Gesamtdauer sukzessive bis zum 1. 11. 2022, wodurch die Verkürzung auf 5 Jahre erst jenen Schuldnern ungeschmälert zugute kommt, deren Abtretungszeitraum am 1. 11. 2017 oder später begonnen hat. Dass der Schuldner im vorliegenden Fall trotz Anrechnung der Dauer des Zahlungsplans ein längeres Abschöpfungsverfahren erdulden muss als ein Schuldner, dem das Abschöpfungsverfahren erst später bewilligt wurde, ist damit eine Folge der Übergangsregelungen zur Verkürzung der Dauer des Abschöpfungsverfahrens von 7 auf 5 Jahre.