VwGH: Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines unbefristeten Einreiseverbotes iZm mehrfachen strafrechtlichen Verurteilungen
Bei besonders schweren Verbrechen steht einem Einreiseverbot selbst eine vollkommene soziale Integration im Inland nicht entgegen
§ 52 FPG, § 9 BFA-VG
GZ Ra 2021/21/0266, 05.07.2022
VwGH: Entgegen dem Revisionsvorbringen setzte sich das VwG im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG durchaus mit der im Zuge des langjährigen Aufenthaltes erlangten Integration des Revisionswerbers auseinander, die es aber insofern vertretbar als relativiert erachtete, als der Revisionswerber nur mit Unterbrechungen erwerbstätig war und in den letzten Jahren vor seiner Inhaftnahme überwiegend Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezog. Das VwG nahm überdies auf die persönlichen und familiären Bindungen des Revisionswerbers im Bundesgebiet ausreichend Bezug, wobei es auch auf den Umstand hinwies, dass der Revisionswerber mit seiner österreichischen Freundin vor seiner Inhaftnahme nicht in einem gemeinsamen Haushalt lebte. Angesichts der gravierenden Straffälligkeit des überdies einschlägig vorbestraften Revisionswerbers ist die Annahme des VwG, dass sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung nicht überwiege, insbesondere mit Rücksicht auf die erhebliche Aggression, Brutalität und die im Strafurteil hervorgehobene führende Beteiligung des Revisionswerbers bei der letzten Straftat jedenfalls vertretbar. Soweit der Revisionswerber geltend machte, dass nach seiner Entlassung aus der Haft seine derzeit in der Türkei lebende Tochter nach Österreich zurückkehren würde, um mit ihm zusammen im Bundesgebiet zu wohnen, so ist die Verunmöglichung ihres gemeinsamen Familienlebens in Österreich als Konsequenz der gegen ihn erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen der in Rede stehenden Art hinzunehmen. Dies gilt ebenso hinsichtlich einer Trennung des Revisionswerbers von seinen in Österreich lebenden Geschwistern, zu denen kein Abhängigkeitsverhältnis besteht, und von seiner österreichischen Freundin.
Dass die anhand sämtlicher für die Entscheidung maßgeblichen Umstände erfolgte Beurteilung der wechselseitigen Interessen durch das VwG unvertretbar wäre, zeigt die Revision somit nicht auf. Der VwGH hat im Übrigen schon wiederholt ausgesprochen, dass bei besonders schweren Verbrechen selbst eine vollkommene soziale Integration im Inland einem Einreiseverbot nicht entgegenstehe.