30.08.2022 Zivilrecht

OGH: § 94 ABGB – zum Unterhaltsanspruch

Der Unterhaltspflichtige ist für alle seine Unterhaltsverpflichtung aufhebenden oder vermindernden Umstände behauptungs- und beweispflichtig, insbesondere für das Vorliegen der Anspannungsvoraussetzungen und für die Unterhaltsverwirkung


Schlagworte: Familienrecht, Eherecht, Unterhalt, Beweislast
Gesetze:

 

§ 94 ABGB

 

GZ 3 Ob 104/22y, 20.07.2022

 

OGH: Gem § 94 Abs 1 ABGB haben die Ehegatten nach ihren Kräften und gemäß der Gestaltung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse gemeinsam beizutragen. Zufolge § 94 Abs 2 ABGB leistet der Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt führt, dadurch seinen Beitrag iSd § 94 Abs 1 ABGB; er hat an den anderen einen Anspruch auf Unterhalt, wobei eigene Einkünfte angemessen zu berücksichtigen sind. Dies gilt nach der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts zugunsten des bisher Unterhaltsberechtigten weiter, sofern nicht die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs, besonders wegen der Gründe, die zur Aufhebung des gemeinsamen Haushalts geführt haben, ein Missbrauch des Rechts wäre. Ein Unterhaltsanspruch steht einem Ehegatten nach § 94 Abs 2 dritter Satz ABGB auch zu, soweit er seinen Beitrag nach § 94 Abs 1 ABGB nicht zu leisten vermag.

 

Es trifft zwar zu, dass dem von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommenen Sachverhalt nicht zu entnehmen ist, dass die Antragstellerin bis zur Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft iSd § 94 Abs 2 zweiter Satz ABGB den Haushalt geführt hat. Dies schadet aber nicht, weil sie sich ohnehin nicht auf diesen Tatbestand, sondern vielmehr darauf berufen hat, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht erwerbsfähig sei. Letzteres ergibt sich (gerade noch hinreichend) aus dem bescheinigten Sachverhalt, wonach sie in psychiatrischer Behandlung ist und im November 2021 um eine Invaliditätspension angesucht hat.

 

Der Unterhaltspflichtige ist für alle seine Unterhaltsverpflichtung aufhebenden oder vermindernden Umstände behauptungs- und beweispflichtig, insbesondere für das Vorliegen der Anspannungsvoraussetzungen und für die Unterhaltsverwirkung.