OGH: Zur Legalzession des § 67 VersVG bei Versicherung für fremde Rechnung
Ist der Spediteur oder Frachtführer selbst VN der Transportversicherung, so steht dem Versicherer kein Regress gegen den Spediteur oder den Frachtführer zu, wohl aber gegen die von diesem beauftragten (Unter-)Frachtführer
§ 67 VersVG, §§ 74 ff VersVG
GZ 7 Ob 69/22f, 29.06.2022
OGH: Gem § 74 Abs 1 VersVG kann die Versicherung von demjenigen, welcher den Vertrag mit dem Versicherer abschließt, im eigenen Namen für einen anderen, mit oder ohne Benennung der Person des Versicherten, genommen werden (Versicherung für fremde Rechnung). Eine solche Versicherung für fremde Rechnung liegt dann vor, wenn ein VN im eigenen Namen mit einem Versicherer einen Vertrag abschließt, der fremdes Interesse zum Gegenstand hat, sodass ohne Abschluss des Versicherungsvertrags ein anderer (der nunmehr Versicherte) den Schaden tragen müsste.
Die Besonderheit bei der Fremdversicherung besteht darin, dass bei dieser die materielle Berechtigung des Versicherten und die formelle Verfügungsberechtigung des VN auseinanderfallen. Nach § 75 Abs 1 VersVG stehen bei einer Versicherung für fremde Rechnung die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zwar dem Versicherten zu, dieser kann aber gem § 75 Abs 2 VersVG ohne Zustimmung des VN über seine Rechte nur dann verfügen, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist. Der Versicherte hat also grundsätzlich kein eigenes Klage- bzw Verfügungsrecht, aufgrund dessen er den Anspruch auf die Versicherungsleistung gegen den Versicherer ohne Zustimmung des VN durchsetzen kann. Insoweit handelt es sich beim Verhältnis des VN zum Versicherten um eine Art gesetzliches Treuhandverhältnis bzw beim Versicherungsvertrag um einen unechten Vertrag zu Gunsten Dritter. Der VN ist demnach (formeller) Vertragspartner des Versicherers, der Versicherte aber der (materielle) Gläubiger und Inhaber der Ansprüche. Der VN ist deshalb verpflichtet, eine allenfalls erhaltene Versicherungsleistung dem Versicherten weiterzuleiten, weil er andernfalls bereichert wäre.
Transportversicherungen werden häufig auf fremde Rechnung, etwa vom Spediteur/Frachtführer für seinen Auftraggeber, abgeschlossen. Das Interesse eines Frachtführers oder Unterfrachtführers ist im Allgemeinen nicht mitversichert, sodass diese regresspflichtige Dritte iSd § 67 VersVG sind, sofern der Versicherer hierauf nicht verzichtet. Dies gilt aber nicht, wenn der Spediteur oder Frachtführer - wie hier - selbst VN ist; in diesem Fall steht dem Versicherer kein Regress gegen den Spediteur oder den Frachtführer zu, wohl aber gegen die von diesem beauftragten (Unter-)Frachtführer. Bei der Fremdversicherung tritt nach stRsp in Bezug auf § 67 VersVG der Versicherte derart an die Stelle des VN, dass sein Schadenersatzanspruch gegen den Ersatzpflichtigen im Umfang der Versicherungsleistung auf den Versicherer übergeht. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass allenfalls ein Anspruch der versicherten Absenderin auf die Klägerin gem § 67 VersVG übergegangen sein könnte, einen solchen macht sie aber gerade nicht geltend.