OGH: Zur Rechtsschutzversicherung
Lehnt der Versicherer den Ausgleich aller oder eines Teils der verzeichneten Kosten ab, so besteht der Freistellungsanspruch des VN darin, dass ihm der Versicherer Deckung für die Abwehr des von ihm als unberechtigt erachteten Anspruchs zu gewähren hat
Art 1 ARB, § 158j VersVG, § 864a ABGB, § 879 ABGB
GZ 7 Ob 41/22p, 28.04.2022
OGH: Die Rechtsschutzversicherung als passive Schadensversicherung schützt den VN gegen das Entstehen von Verbindlichkeiten (Passiva). Sie bietet Versicherungsschutz gegen die Belastung des Vermögens des VN mit Rechtskosten. Die Hauptleistungspflicht des Versicherers in der Rechtsschutzversicherung besteht in der Kostentragung im Umfang der angemessenen Kosten des für den VN tätigen RA. Beim aus der Rechtsschutzversicherung resultierenden Anspruch handelt es sich nach stRsp (zunächst) um einen Befreiungsanspruch, somit nicht (primär) um einen Geldanspruch.
Freistellung von Anwaltskosten bedeutet, dass der Versicherer entweder diese nach Grund und Höhe anerkennt und zahlt oder für Ansprüche, die er für unberechtigt hält, die Kosten zu deren Abwehr übernimmt. In jedem Fall hat er dafür zu sorgen, dass der VN selbst keine Kosten zu tragen hat. Der Versicherer hat also ein Wahlrecht dahin, dass er alternativ zur Bezahlung der Rechnung - zunächst - Abwehrdeckung gewährt; dann muss er sich mit dem Anwalt als Kostengläubiger auseinandersetzen und den VN bei gerichtlicher Inanspruchnahme durch Kostenübernahme unterstützen. Lehnt somit der Versicherer den Ausgleich aller oder - wie hier - eines Teils der verzeichneten Kosten ab, so besteht der Freistellungsanspruch des VN darin, dass ihm der Versicherer Deckung für die Abwehr des von ihm als unberechtigt erachteten Anspruchs zu gewähren hat; ob und in welcher Höhe eine Kostenschuld des VN besteht, ist verbindlich nur in einem Verfahren zwischen dem Kostengläubiger und dem VN zu klären.
Die Beurteilung der Vorinstanzen, das vom Kläger erhobene Hauptbegehren (Zahlung an den Klagevertreter) und das Eventualbegehren (Zahlung an sich) seien mangels Zahlung des strittigen Betrags durch den Kläger und vor dem Hintergrund, dass für eine Zahlungsverpflichtung des Versicherers an den Kostengläubiger das Gesetz und die ARB keine Grundlage bieten, unberechtigt, entspricht daher der stRsp. Dass der aus der Rechtsschutzversicherung primär resultierende Befreiungsanspruch in den ARB der Beklagten keine Umwandlung in einen Geldanspruch erfährt, ist weder ungewöhnlich nach § 864a ABGB noch gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, bedeutet dies doch gerade keine Abweichung von dem gewöhnlich vorausgesetzten Standard einer Rechtsschutzversicherung.