OGH: Zum tageweisen Anspruch auf Familienzeitbonus
Unterbricht der Vater für den gesamten beantragten Anspruchszeitraum seine Erwerbstätigkeit, um sich aus Anlass der Geburt eines Kindes seiner Familie zu widmen, und fehlt es nur an einzelnen Tagen an der Erfüllung einer sonstigen Anspruchsvoraussetzung, so besteht für die Tage, an denen alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, ein anteiliger Anspruch auf Familienzeitbonus
§§ 2 f FamZeitbG, § 1a VKG, RL (EU) 2019/1158
GZ 10 ObS 161/21f, 29.03.2022
OGH: Nach der bisherigen Rsp des OGH besteht auch dann kein Anspruch auf Familienzeitbonus, wenn die Anspruchsvoraussetzung des gemeinsamen Haushalts iSd § 2 Abs 3 FamZeitbG nicht für den gesamten, vom Vater gewählten Anspruchszeitraum erfüllt ist. Dies wurde damit begründet, dass der Familienzeitbonus gem § 3 Abs 2 FamZeitbG ausschließlich für eine ununterbrochene Dauer von 28, 29, 30 oder 31 aufeinanderfolgenden Kalendertagen gebühre. Die Anspruchsdauer sei bei der Antragstellung verbindlich festzulegen, könne ausschließlich 28, 29, 30 oder 31 Kalendertage betragen und später nicht geändert werden (§ 3 Abs 3 FamZeitbG). Die Familienzeit und der beantragte Bezugszeitraum müssten sich demnach decken, die Familienzeit dürfe nicht kürzer andauern als der gewählte Anspruchszeitraum.
Die RL (EU) 2019/1158 legt in Bezug auf Vaterschaftsurlaub, Elternurlaub und Urlaub für pflegende Angehörige individuelle Rechte fest. Vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Zielsetzungen und Regelungen ergibt sich für die Auslegung der §§ 2 und 3 FamZeitbG, dass der Gesetzgeber in zulässiger Weise verlangt, dass die Familienzeit zumindest 28 Tage beträgt, um die Intention, dass sich der Vater um das Kind und die Familie kümmert, in ausreichendem Maß durchzusetzen. Die Familienzeit sollte daher nicht gestückelt oder tageweise in Anspruch genommen werden. Es entspricht aber weder den Intentionen des FamZeitbG noch der RL 2019/1158, in einem Fall wie dem vorliegenden den Anspruch auf Familienzeitbonus gänzlich zu verneinen: Der Kläger befand sich im gesamten gewählten Zeitraum in Familienzeit, unterbrach also seine Erwerbstätigkeit und widmete sich ausschließlich der Familie. Während des gesamten Zeitraums bestand eine dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft des Klägers, des Kindes und des anderen Elternteils. Bloß während der ersten 4 Tage des gewählten Zeitraums fehlte es an der für das Bestehen eines gemeinsamen Haushalts formal zusätzlich erforderlichen gemeinsamen „hauptwohnsitzlichen“ Meldung. Der gänzliche Verlust des Anspruchs würde hier der Intention der RL 2019/1158 widersprechen. Unterbricht der Vater für den gesamten beantragten Anspruchszeitraum, der zwischen 28 und 31 Tagen umfassen muss, seine Erwerbstätigkeit, um sich aus Anlass der Geburt eines Kindes seiner Familie zu widmen (Familienzeit), und fehlt es während des Antragszeitraums nur an einzelnen Tagen an der Erfüllung einer der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen des § 2 FamZeitbG, so besteht (nur) für die Tage, an denen alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, ein anteiliger Anspruch auf Familienzeitbonus.