OGH: § 165 StGB, § 146 StGB – Geldwäscherei, Betrug, Beitragstäter
Jede Form der Beteiligung an der Vortat macht zum Vortäter und verhindert damit eine Strafbarkeit nach § 165 Abs 2 StGB; ein Beitrag zum Betrug ist über die formelle Vollendung hinaus bis zur materiellen Vollendung (Vollbringung) möglich, somit bei einer (wie hier) durch Täuschung bewirkten Überweisung eines Geldbetrags bis zu dessen Gutschrift auf dem, der Sphäre des Vortäters zuzurechnenden Empfängerkonto; erst zu diesem Zeitpunkt hat der (Vor-)Täter den Vermögensbestandteil durch die Tat erlangt, womit dieser zum tauglichen Tatobjekt Vortat-bezogener Geldwäscherei wird
§ 165 StGB, § 146 StGB, § 12 StGB
GZ 14 Os 102/21p, 22.02.2022
OGH: Strafbarkeit wegen Geldwäscherei nach § 165 Abs 2 StGB setzt eine Vortat voraus. Diese muss in dem von § 165 Abs 5 StGB bezeichneten Ursachenzusammenhang („herrühren“) für den Täter der Vortat einen Vermögensbestandteil erbracht haben. Sie kann auch im Ausland begangen worden sein, muss aber jedenfalls (nach österreichischem Recht beurteilt) einer strafbaren Handlung aus dem in § 165 Abs 1 StGB normierten Vortatenkatalog subsumiert werden können und am Tatort strafbar sein. Die Vortat muss wenigstens tatbestandsmäßig und rechtswidrig verübt worden sein. Sie muss in einem wegen (hier) § 165 Abs 2 StGB schuldig sprechenden Urteil festgestellt werden.
Tatort ist gem § 67 Abs 2 StGB jener Ort, an dem der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen (Handlungsort bzw Unterlassungsort) oder an dem der tatbestandsmäßige Erfolg eingetreten ist oder hätte eintreten sollen (Erfolgsort). Letzterer ist beim (hier gegenständlichen) Erfolgsdelikt des Betrugs jener Ort, an dem der effektive Verlust an Vermögenssubstanz (Vermögensschaden) eingetreten ist. Bei einer (wie hier) Überweisung von einem Bankkonto auf ein anderes tritt der tatbestandsmäßige Erfolg des § 146 StGB bereits bei der Abbuchung vom Konto des Auftraggebers und nicht erst durch die Gutschrift auf dem Empfängerkonto ein.
Ausgehend davon bietet das Urteil, das lediglich tatplangemäße Überweisungen (von Verfügungsberechtigten der geschädigten Unternehmen) auf in Österreich situierte Empfängerkonten feststellte, für eine Begehung der Vortaten (des gewerbsmäßigen schweren Betrugs im Inland keine Grundlage. Ebenso fehlen Konstatierungen zu Handlungsorten im Ausland.
Die Feststellung, wonach die fünf Angeklagten „Mitglieder einer größeren Tätergruppe“ sind, die „international, vorwiegend in Österreich, Asien und Afrika Betrugshandlungen zum Nachteil diverser Unternehmen begeht“, bietet dafür keine taugliche Sachverhaltsbasis. Die Firmenbezeichnungen der geschädigten Unternehmen indizieren zwar Orte des Erfolgseintritts im Ausland. Konkrete Konstatierungen dazu fehlen aber ebenfalls, sodass für die Lösung der (Rechts-)Frage allfälliger Strafbar-(Tatbestandsmäßig- und Rechtswidrig-)keit der Vortaten an einem ausländischen Tatort keine Sachverhaltsgrundlage besteht.
Damit ist die Beurteilung, ob die gegenständlichen Vermögensbestandteile aus den gesetzlichen Voraussetzungen (§ 165 Abs 1 StGB) entsprechenden Vortaten herrühren, auf Basis der Urteilskonstatierungen nicht möglich und das Urteil in Bezug auf die – die Angeklagten N*, C*, S* und P* betreffenden – Schuldsprüche I/, II/ und III/ (jeweils) mit einem Rechtsfehler mangels Feststellungen (§ 281 Abs 1Z 9 lit a StPO) behaftet.
An diesem Konstatierungsdefizit vermag auch der Umstand, dass sich der Angeklagte N* den Urteilskonstatierungen zufolge als Beitragstäter (§ 12 dritter Fall StGB) an einzelnen strafbaren Handlungen im Inland beteiligte nichts zu ändern.
Denn nach den Feststellungen stammen jene Vermögensbestandteile, auf die sich die Schuldsprüche zu I/C/, I/D, I/B/1/, II/ und III/ beziehen, aus den Straftaten der unmittelbaren Täter und nicht aus dem (jeweiligen) Beitrag (§ 12 dritter Fall StGB) des Angeklagten N*.
Für den zweiten Rechtsgang sei angemerkt, dass die vorab erfolgte Zusage, ein Empfängerkonto für betrügerisch erschlichene Überweisungen zur Verfügung zu stellen und nach Einlangen des Geldes darüber iSd Auftrags des (unmittelbaren) Täters zu disponieren, ein Beitrag zum Betrug sein kann. Denn ein solcher Beitrag ist über die formelle Vollendung hinaus bis zur materiellen Vollendung (Vollbringung) möglich, somit bei einer (wie hier) durch Täuschung bewirkten Überweisung eines Geldbetrags bis zu dessen Gutschrift auf dem (der Sphäre der Vortäter zuzurechnenden) Empfängerkonto. Erst mit diesem Zeitpunkt des Zuwachses zum Vermögen der Täter der Vortat haben diese den Vermögensbestandteil durch die Tat erlangt und wird dieser zum tauglichen Tatobjekt Vortat-bezogener Geldwäscherei (§ 165 Abs 1 und 2 StGB).
Aus diesen Gründen tragen die Konstatierungen, wonach K* „wissentlich“ Kr* anwarb, indem er ihn erfolglos aufforderte, seine „Kontodaten […] zur Verfügung zu stellen“ und diese an N* weiterzugeben, die Annahme, der Angeklagte habe Kr* zu bestimmen versucht, Vermögensbestandteile iSd § 165 Abs 1 StGB an sich zu bringen, nicht. Die zum Schuldspruch III/ erfolgte Subsumtion nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 165 Abs 2 erster Fall StGB ist daher auch unter diesem Aspekt mit einem Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 9 lit a) behaftet.
Zu I/B/2/ bleibt darüber hinaus anzumerken, dass für eine Subsumtion nach § 165 Abs 2 erster Fall StGB Feststellungen zur Herkunft des von N* als Provisionszahlung übergebenen Betrags aus einer entsprechenden Vortat (§ 165 Abs 1 StGB) zu treffen sein werden.