24.05.2022 Verfahrensrecht

OGH: Zur Zulässigkeit des Rechtswegs iZm dem Abschleppen eines Unfallfahrzeugs

Für den Anspruch auf Herausgabe eines gem § 89a StVO von der Straße entfernten Kfz gegen den von der Behörde beauftragten privaten Abschleppunternehmer ist der ordentliche Rechtsweg nicht zulässig


Schlagworte: Straßenverkehrsrecht, Straßenpolizei, Unfallfahrzeug, Entfernung von der Straße, privater Abschleppunternehmer, Herausgabeanspruch, Zulässigkeit des Rechtswegs
Gesetze:

 

§ 1 JN, § 89a StVO

 

GZ 6 Ob 138/21v, 06.04.2022

 

OGH: Gem § 89a Abs 2 StVO hat die Behörde die Entfernung eines Gegenstands auf der Straße ohne weiteres Verfahren zu veranlassen, wenn durch ihn, insbesondere durch ein stehendes Fahrzeug, mag es betriebsfähig oder nicht betriebsfähig sein, durch Schutt, Baumaterial, Hausrat und dgl der Verkehr beeinträchtigt wird. Gem § 89a Abs 7 StVO erfolgt das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstands auf Kosten desjenigen, der im Zeitpunkt des Aufstellens oder Lagerns des Gegenstands dessen Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kfz oder Anhängern dessen Zulassungsbesitzer war. Die Kosten sind vom Inhaber, bzw Zulassungsbesitzer bei der Übernahme des Gegenstands zu bezahlen. Wird der Gegenstand innerhalb der Frist des § 89a Abs 5 StVO nicht übernommen oder die Bezahlung der Kosten verweigert, so sind die Kosten dem Inhaber des entfernten Gegenstands bzw dem Zulassungsbesitzer mit Bescheid vorzuschreiben.

 

Die Entfernung von Hindernissen auf Straßen iSd § 89a Abs 2 StVO ist eine Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Auch die der Entfernung vom Standort nachfolgende Verwahrung ist als Akt der Hoheitsverwaltung anzusehen, weil zwischen der Entfernung des Fahrzeugs und dessen nachfolgender Verwahrung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Dies ergibt sich auch daraus, dass nach § 89a Abs 7 StVO die Kosten der Entfernung und der Aufbewahrung durch Bescheid vorzuschreiben sind. Das verwahrte zum Verkehr zugelassene Kfz ist dem Zulassungsbesitzer oder dessen Erfüllungsgehilfen (Beauftragten) von einem der Behörde zuzurechnenden Organ zu übergeben. Dies kann auch ein (Hilfs-)Organ im bloß funktionellen Sinn sein, wenn sich die Behörde eines Privatunternehmens bedient. Dabei ist die Identität der abholenden Person zu überprüfen, um feststellen zu können, ob es sich tatsächlich um den Zulassungsbesitzer oder eine von ihm autorisierte Person handelt. Ist diese Voraussetzung erfüllt, hat die Behörde das Kfz dieser Person - sowohl bei Zahlung der Kosten vor Ort als auch bei Weigerung - auszufolgen. Ein Zurückbehaltungsrecht der Behörde besteht nicht.

 

Vor diesem Hintergrund kann es nicht zweifelhaft sein, dass hier der private Abschleppunternehmer als zur Vollziehung hoheitlicher Aufgaben iSd § 89a Abs 2 und 7 StVO in Pflicht genommen anzusehen war, sodass er insoweit als Organ der für die Straßenpolizei zuständigen Behörde tätig war und ist. Bei der vorliegenden Streitigkeit über die Rechtmäßigkeit der vom Beklagten in dieser Funktion verweigerten Herausgabe des Fahrzeugs handelt es sich daher um eine Angelegenheit der Verwaltung, für die der ordentliche Rechtsweg nicht offensteht.