OGH: Um einen schlichten Aufenthalt in einen gewöhnlichen Aufenthalt zu verwandeln, wird ein Richtwert von 6 Monaten angenommen; bei einer Aufenthaltsdauer von ca. 6 Monaten und weitgehender Integration des Mj wird ein gewöhnlicher Aufenthalt angenommen
§ 110 JN, Haager Minderjährigenschutzübereinkommen (MSÜ), § 55 ff AußStrG neu, § 496 Abs 3 ZPO
In seinem Beschluss vom 19.10.2005 zur GZ 7 Ob 221/05h hatte sich der OGH mit internationalem Familienrecht auseinander zu setzen:
Der Mj ist schwedischer Staatsbürger und hielt sich seit 1998 mit seiner Familie in Österreich auf. Im Jahr 2004 zog der (geschiedene) Vater wieder nach Schweden und nahm seinen Sohn ohne Verständigung des vorläufig obsorgeberechtigten JWT - Obsorge oblag der Mutter - mit. Sowohl die Mutter als auch der Vater beantragten in Schweden die Obsorgeübertragung. Der Mj ist in Schweden sozial gut integriert und will auch bei seinem Vater bleiben. Die Obsorge wurde vom österreichischen Gericht der Mutter entzogen und dem Vater übertragen.
Der OGH führte dazu aus: Die Zuständigkeit sei sowohl nach § 110 JN (perpetuatio fori gilt) als auch nach dem MSÜ (perpetuatio fori gilt nicht) zu prüfen. Voraussetzung für die Zuständigkeit sei der gewöhnliche Aufenthalt des Mj in Österreich. Darunter verstehe man den Schwerpunkt der Bindungen einer Person, den Daseinsmittelpunkt. Relevant seien eine zumindest zeitweilige faktische Anwesenheit und soziale Integration. Die erforderliche Zeitdauer betrage ungefähr 6 Monate. Es seien ergänzende Erhebungen zur bereits vorliegenden sozialen Integration des Mj in Schweden erforderlich (der gewöhnliche Aufenthalt könnte aufgrund von Voraufenthalten in Schweden begründet sein), die jedoch vom Rekursgericht selbst durchzuführen seien. Eine Rückverweisung an das Erstgericht sei nur bei Verringerung des Verfahrens- und Kostenaufwandes gerechtfertigt.