OGH: Zur Betriebsunterbrechungsversicherung
Bei einer Taxvereinbarung richtet sich der Ersatzbetrag nach dem wegen der Arbeitsunfähigkeit des Klägers tatsächlich nicht erwirtschafteten, auf ihn entfallenden Deckungsbeitrag
§ 55 VersVG, § 57 VersVG, ABFT
GZ 7 Ob 9/22g, 16.02.2022
OGH: Bei der Betriebsunterbrechungsversicherung handelt es sich um eine Sachversicherung, bei der der Betrieb, nicht die Person des Betriebsinhabers versichert ist. Versicherungsobjekt ist der Betrieb, wie er vom VN üblicherweise geführt wird. Objekt der Betriebsunterbrechungsversicherung ist nicht nur der „technische“ Betrieb, sondern das Unternehmen als wirtschaftliche Einheit. Der Tatbestand der Betriebsunterbrechung ist erfüllt, wenn der Betrieb infolge eines versicherten Personen- oder Sachschadens oder eines sonstigen Verhinderungsgrundes in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist.
Der Versicherungswert kann durch Vereinbarung auf einen bestimmten Betrag (Taxe) festgesetzt werden. Diese Taxe gilt auch als der Wert, den das versicherte Interesse zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls hat, es sei denn, dass sie den wirklichen Versicherungswert in diesem Zeitpunkt erheblich übersteigt (§ 57 VersVG). Damit wird eine Ausnahme vom versicherungsrechtlichen Bereicherungsverbot normiert, wonach der Versicherer gem § 55 VersVG nicht verpflichtet ist, mehr als den eingetretenen Schaden zu ersetzen. Diese Bestimmung ist zwingendes Recht. Die Vereinbarung einer solchen Taxe erübrigt die Feststellung der Höhe des vom Versicherer zu leistenden Ersatzes. Der VN hat bei Vorliegen einer Taxvereinbarung daher nicht die Höhe des tatsächlich entstandenen Schadens darzutun. Es ist vielmehr von der Richtigkeit der vereinbarten Taxe auszugehen. Diese Durchbrechung des Bereicherungsverbots begegnet aber insofern Schranken, als sich der Versicherer darauf berufen kann, dass zur Zeit des Versicherungsfalls die Taxe den Ersatzwert erheblich übersteigt. Insofern trifft den Versicherer die Beweislast. Zunächst ist daher von der Richtigkeit der getroffenen Taxvereinbarung auszugehen. Dass die Taxe den Versicherungswert um mehr als 10 % übersteigt, hat der Versicherer zu behaupten.
Eine gänzliche Unterbrechung des versicherten Betriebs liegt dann vor, wenn der gesamte Betrieb des VN unterbrochen ist, dh ein vollständiger Stillstand der Betriebsabläufe eingetreten ist. Eine teilweise Betriebsunterbrechung besteht dann, wenn der Betrieb oder Betriebsteile nur noch eingeschränkt fortgesetzt werden können. Mit der teilweisen Unterbrechung ist nichts anderes gemeint als eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit. Eine teilweise Betriebsunterbrechung liegt schon dann vor, wenn der Betrieb nicht in der vorherigen Weise fortgesetzt werden kann. Da hier ein bloßer Teilschaden gegeben war, richtet sich der Ersatzbetrag mangels entsprechender Vereinbarung nach dem wegen der Arbeitsunfähigkeit des Klägers tatsächlich nicht erwirtschafteten, auf ihn entfallenden Deckungsbeitrag.