OGH: Zur Erbsausschlagung
Die für den rechtsgeschäftlichen Verkehr bestimmten Vorschriften der §§ 869 ff ABGB passen auf die (nach der Terminologie des ErbRÄG 2015) Erbantrittserklärung als prozessuale Erklärung nicht
§§ 805 f ABGB, §§ 869 ff ABGB
GZ 2 Ob 221/21w, 22.02.2022
OGH: Bei der Ausschlagung einer Erbschaft handelt es sich um eine im Verlassenschaftsverfahren dem Abhandlungsgericht (Gerichtskommissär) gegenüber abzugebende einseitige Parteienerklärung mit auch materiell-rechtlichen Wirkungen. Sie unterliegt denselben Formerfordernissen wie die positive Erklärung und erfordert daher Schriftlichkeit. Die Ausschlagung einer Erbschaft ist unwiderruflich und bewirkt, dass die Erbschaft dem Ausschlagenden als nicht angefallen gilt. Die Erbsausschlagung ist unbedingt abzugeben; eine beigesetzte Bedingung ist unzulässig und macht die Erbsausschlagung unwirksam. Ob eine Erbsausschlagung wegen eines Willensmangels angefochten werden kann, ist in LuRsp strittig.
Die Rsp nimmt an, dass die Erklärung über die Ausschlagung der Erbschaft wegen aufgetretener Willensmängel (jedenfalls) im streitigen Verfahren angefochten werden könne. Hingegen geht die gefestigte Jud davon aus, dass die für den rechtsgeschäftlichen Verkehr bestimmten Vorschriften der §§ 869 ff ABGB auf die (nach der Terminologie des ErbRÄG 2015) Erbantrittserklärung als prozessuale Erklärung nicht passen. Tragende Erwägung dafür war, dass das Konzept der Anfechtungsvoraussetzungen nach § 871 ABGB auf die Erbantrittserklärung als dem Gericht (oder Gerichtskommissär) gegenüber abgegebene prozessuale Erklärung nicht passe und bei der Abgabe prozessualer Erklärungen Willensmängel ohne Bedeutung seien. Bisher deutete lediglich der 6. Senat an, diese Argumentation auch für die Erbsausschlagung für zutreffend zu erachten. Der erkennende Senat hat die Frage, ob die Erbsausschlagung wegen eines Willensmangels nach §§ 870 ff angefochten werden kann, zuletzt ausdrücklich offen gelassen.
Die Lehre ist zur Frage, ob eine Erbsausschlagung wegen Willensmängeln angefochten werden kann, gespalten. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit dieser Frage kann jedoch im vorliegenden Fall unterbleiben, weil nach dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt kein Anhaltspunkt für das vom Kläger behauptete arglistige Verhalten der Beklagten besteht. Für ein arglistiges Verhalten der Beklagten bieten weder das Vorbringen des Klägers noch die Feststellungen den geringsten Hinweis.