VwGH: § 125 BVergG 2006 – vertiefte Angebotsprüfung
Der VwGH hat bereits festgehalten, dass das VwG in einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren unter Berücksichtigung der auch dem Auftraggeber zur Verfügung gestandenen Unterlagen auch selbst die Preisgestaltung auf ihre betriebswirtschaftliche Erklär- und Nachvollziehbarkeit idR aus sachverständiger Sicht zu prüfen hat, wobei im Einzelnen die in § 125 Abs 4 Z 1 bis 3 BVergG 2006 genannten (deklarativ aufgezählten) Kriterien maßgeblich sind; da es sich dabei um eine Plausibilitätsprüfung handelt, muss nicht die gesamte Kalkulation des Bieters minutiös nachvollzogen, sondern nur - grob - geprüft werden, ob ein seriöser Unternehmer die angebotenen Leistungen zu den angebotenen Preisen erbringen kann.
§ 125 BVergG 2006, § 129 BVergG 2006
GZ Ra 2018/04/0111, 13.12.2021
VwGH: Gem dem § 129 Abs 1 Z 3 BVergG 2006 hatte der Auftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung auf Grund des Ergebnisses der Prüfung Angebote auszuscheiden, die eine - durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte - nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufwiesen.
Gem § 125 Abs 4 BVergG 2006 war bei einer (hier vorgenommenen) vertieften Angebotsprüfung zu prüfen, ob die Preise betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sind, wobei dafür insbesondere geprüft werden konnte, ob im Preis aller wesentlichen Positionen alle direkt zuordenbaren Personal-, Material-, Geräte-, Fremdleistungs- und Kapitalkosten enthalten sind und ob die Aufwands- und Verbrauchsansätze sowie die Personalkosten, diese insbesondere im Hinblick auf die dem Angebot zugrunde gelegten Kollektivverträge, nachvollziehbar sind (Z 1), ob der Einheitspreis (Pauschalpreis, Regiepreis) für höherwertige Leistungen grundsätzlich höher angeboten wurde als für geringerwertige Leistungen (Z 2) sowie ob die gem § 97 Abs 3 Z 3 BVergG 2006 geforderte oder vom Bieter gem § 109 Abs 2 BVergG 2006 vorgenommene Aufgliederung der Preise oder des Gesamtpreises (insbesondere der Lohnanteile) aus der Erfahrung erklärbar ist (Z 3).
Der VwGH hat bereits festgehalten, dass das VwG in einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren unter Berücksichtigung der auch dem Auftraggeber zur Verfügung gestandenen Unterlagen auch selbst die Preisgestaltung auf ihre betriebswirtschaftliche Erklär- und Nachvollziehbarkeit idR aus sachverständiger Sicht zu prüfen hat, wobei im Einzelnen die in § 125 Abs 4 Z 1 bis 3 BVergG 2006 genannten (deklarativ aufgezählten) Kriterien maßgeblich sind. Da es sich dabei um eine Plausibilitätsprüfung handelt, muss nicht die gesamte Kalkulation des Bieters minutiös nachvollzogen, sondern nur - grob - geprüft werden, ob ein seriöser Unternehmer die angebotenen Leistungen zu den angebotenen Preisen erbringen kann.
Aus dem Verweis auf das Kriterium der Z 1 des § 125 Abs 4 BVergG 2006 ergibt sich, dass die Frage der Kostendeckung als einer von mehreren für die vertiefte Angebotsprüfung maßgeblichen Aspekten anzusehen ist. Somit stellt die Kostendeckung iSd § 125 Abs 4 Z 1 BVergG 2006 auch einen (wenn auch nicht allein ausschlaggebenden) Umstand dar, der in die Prüfung miteinzubeziehen ist, ob ein seriöser Unternehmer die angebotenen Leistungen zu den angebotenen Preisen erbringen kann. Die in dieser Ziffer enthaltene Aufzählung liefert wiederum Anhaltspunkte dafür, welche Kosten insoweit zu berücksichtigen sind.
Das VwG hat sich für die Beurteilung der betriebswirtschaftlichen Erklär- und Nachvollziehbarkeit des Angebotes der S GmbH auf ein Sachverständigengutachten gestützt. Diesem Gutachten ist die Revisionswerberin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Des Weiteren hat das VwG seine Entscheidung nicht allein mit der mangelnden Kostendeckung in der bezogenen Position begründet, sondern überzeugend auch damit, dass die auffallend günstigen Preise (in circa 70 Positionen) sowie die auffallend teuren Preise (in circa 20 Positionen) in keiner Weise nachvollziehbar erklärt worden seien. Auf die von der Revisionswerberin aufgeworfene Frage, ob ein Unterangebot „per se zwingend ausgeschieden“ werden müsse, kommt es fallbezogen daher nicht an.