22.02.2022 Zivilrecht

OGH: Fehlendes dringendes Wohnbedürfnis – zum Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG

Die bloß ungewisse künftige Möglichkeit der Benutzung der Wohnung reicht für die Annahme eines dringenden Wohnbedürfnisses nicht aus, erforderlich ist vielmehr, dass der Mieter die Wohnung mit Sicherheit in naher Zukunft wieder benötigen wird


Schlagworte: Mietrecht, Kündigung, fehlendes dringendes Wohnbedürfnis
Gesetze:

 

§ 30 MRG

 

GZ 1 Ob 228/21t, 14.12.2021

 

OGH: Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG setzt eine fehlende regelmäßige Verwendung des aufgekündigten Objekts zu Wohnzwecken sowie den Mangel eines dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder eintrittsberechtigter Personen voraus. Dass das Berufungsgericht eine fehlende regelmäßige Verwendung der gekündigten Wohnung durch den Beklagten zu Wohnzwecken annahm, wird von diesem in dritter Instanz nicht bekämpft. Er wendet sich aber gegen dessen Rechtsansicht, wonach es ihm an einem dringenden Wohnbedürfnis an der Wohnung fehle.

 

Ein solches ist anzunehmen, wenn die Nichtbenützung der gekündigten Wohnung nur eine absehbare, vorübergehende Unterbrechung darstellt und der Mieter in nächster Zukunft in diese zurückkehren wird. Die bloß ungewisse künftige Möglichkeit der Benutzung der Wohnung reicht für die Annahme eines dringenden Wohnbedürfnisses nicht aus, erforderlich ist vielmehr, dass der Mieter die Wohnung mit Sicherheit in naher Zukunft wieder benötigen wird.

 

Das Berufungsgericht stellte fest, dass der Beklagte die gekündigte Wohnung nicht bloß – wie er behauptete – vorübergehend zum Zweck der Durchführung von Renovierungsarbeiten verließ, sondern dass er beabsichtigt hatte, gemeinsam mit seiner Freundin in der von ihm für sie angemieteten Wohnung wohnen zu bleiben und sich erst „unter dem Druck des gegenständlichen Verfahrens aus prozesstaktischen Gründen“ zur Rückkehr in die alte Wohnung entschloss. Es ging daher in rechtlicher Hinsicht von einem fehlenden dringenden Wohnbedürfnis des Beklagten an der gekündigten Wohnung aus.

 

Die vom Berufungsgericht zum fehlenden dringenden Wohnbedürfnis des Beklagten getroffenen Feststellungen halten sich im Rahmen des (auch) auf § 30 Abs 2 Z 6 MRG gestützten Kündigungsvorbringens, wonach der Beklagte die Wohnung verlassen sowie zur Gänze untervermietet habe und zu seiner Freundin gezogen sei, was auch die Behauptung beinhaltet, er habe die Wohnung dauerhaft verlassen und werde in nächster Zukunft nicht in diese zurückkehren. Dass die Klägerin das Bestreitungsvorbringen des Beklagten, er sei nur vorübergehend – aufgrund von Renovierungsarbeiten – zu seiner Freundin gezogen, nicht ausdrücklich bestritt, ändert nichts an ihrem – dem widersprechenden – Prozessstandpunkt. Im Übrigen lag es am Beklagten, sein dringendes Wohnbedürfnis an der gekündigten Wohnung nachzuweisen. Dass das Berufungsgericht aufgrund seiner Behauptung, er habe die gekündigte Wohnung nur wegen Renovierungsarbeiten vorübergehend verlassen, feststellte, dass dies nicht der Fall war, begründet keinesfalls eine überschießende Feststellung. Bereits aufgrund dieser Feststellung durfte das Berufungsgericht aber davon ausgehen, dass der Beklagte kein schutzwürdiges Interesse am Erhalt der gekündigten Wohnung habe, behauptete er doch keinen anderen Grund dafür, aus dieser ausgezogen zu sein.