OGH: Zur Überwälzung der Betriebskosten auf den Mieter (Betriebsführer eines Einkaufzentrums)
Eine von § 1099 ABGB abweichende Vereinbarung ist außerhalb des Vollanwendungsbereichs des MRG jedenfalls soweit zulässig, als die Überwälzung der im MRG angeführten Betriebskosten vereinbart wird
§ 1099 ABGB, § 1 MRG, §§ 21 ff MRG
GZ 6 Ob 172/21v, 15.11.2021
OGH: Nach § 1099 ABGB trägt der Vermieter alle Lasten und Abgaben, wobei unter „Lasten“ im Wesentlichen Betriebskosten und unter „Abgaben“ die unmittelbar die Liegenschaft betreffenden Abgaben, wie etwa die Grundsteuer, zu verstehen sind. § 1099 ABGB ist nachgiebiges Recht: Außerhalb des Vollanwendungsbereichs des MRG bestimmt sich die Verpflichtung des Mieters zur Tragung der Betriebskosten deshalb nach der mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung. Regelt diese Überwälzungsvereinbarung die vom Mieter zu tragenden Kosten nicht ausdrücklich, sind idR die im MRG aufgezählten Betriebskosten gemeint, was aber nicht gilt, wenn die Parteien die Frage, welche Betriebskosten zu ersetzen sind, geregelt haben. Von der konkreten - auch konkludenten - Vereinbarung ist dann abhängig, welche Betriebskosten zu ersetzen sind, zu welchem Zeitpunkt die Abrechnung vorzunehmen ist und welche (Mindest-)Formerfordernisse an die Betriebskosten-Abrechnung zu stellen sind. Eine von § 1099 ABGB abweichende Vereinbarung ist außerhalb des Vollanwendungsbereichs des MRG jedenfalls soweit zulässig, als die Überwälzung der im MRG angeführten Betriebskosten vereinbart wird.
Der Mietvertrag normiert hier die anteilsmäßige Tragung einer Reihe von besonderen Aufwendungen, die konkret aufgezählt werden. Am Ende der Bestimmung wird festgehalten, dass der Vermieter sich zur Erbringung derartiger Leistungen dritter Fachunternehmen bedienen darf und als Fachunternehmen ua einen Betriebsführer für das Einkaufszentrum heranziehen wird, dessen Kosten ebenfalls zu den Nebenkosten zählen. Die in der Nebenkostenposition des Mietvertrags den konkreten Aufwendungen vorangestellte Bestimmung „Unter den Nebenkosten sind all jene Aufwendungen zu verstehen, die für den ordnungsgemäßen Betrieb und eine publikumswirksame Führung des Einkaufszentrums erforderlich sind“ wurde von den Vorinstanzen rechtskräftig für nichtig erklärt, soweit diese Kosten nicht im Mietvertrag ausdrücklich genannt sind. Damit wird der mögliche Tätigkeitsbereich eines im Mietvertrag vorgesehenen Betriebsführers konkret definiert und es besteht nicht die Gefahr einer uferlosen und unkontrollierbaren Subsumption von Aufwendungen unter diese Position. Auf das Argument des Berufungsgerichts, die Mieter würden von den Vorteilen eines Einkaufszentrumsbetriebs profitieren, indem technische Gebrechen oder Probleme sofort behoben werden, sodass es nachvollziehbar und iSe abgewogenen und gerechten Interessenausgleichs auch geboten sei, dass die Mieter anteilig zB die Kosten des Betriebsführers übernehmen, geht die Revision nicht weiter ein.