01.02.2022 Verfahrensrecht

OGH: Zur sukzessiven Kompetenz des 117 WRG

Weder der Rückstandsausweis selbst über die Pflicht zur Leistung von Beiträgen und Kosten noch die verwaltungsbehördliche Vollstreckbarkeitsbestätigung sind Bescheide, die der sukzessiven Kompetenz nach § 117 Abs 4 WRG unterliegen


Schlagworte: Wasserrecht, sukzessive Kompetenz, Wassergenossenschaft, Bescheid, Beiträge, Kosten, Rückstandsausweis, Vollstreckbarkeitsbestätigung
Gesetze:

 

§ 117 WRG

 

GZ 1 Ob 146/21h, 16.11.2021

 

OGH: Nach § 117 Abs 1 WRG hat über die Pflicht zur Leistung von Entschädigungen, Ersätzen, Beiträgen und Kosten, die entweder in diesem Bundesgesetz oder in den für die Pflege und Abwehr bestimmter Gewässer geltenden Sondervorschriften vorgesehen sind, sofern dieses oder die betreffende Sondervorschrift nichts anderes bestimmt, die Wasserrechtsbehörde zu entscheiden. Deren Entscheidung tritt außer Kraft, soweit vor Ablauf von 2 Monaten nach Zustellung des Bescheids die gerichtliche Entscheidung beantragt wird.

 

Die Inanspruchnahme dieser sukzessiven Kompetenz setzt eine Sachentscheidung der Wasserrechtsbehörde über die Leistung von Entschädigungen, Ersätzen, Beiträgen oder Kosten voraus. Bei Formal- und Nicht-Entscheidungen der Behörde besteht keine sukzessive Kompetenz. Erst nach einer Sachentscheidung über die in § 117 Abs 1 WRG genannten Leistungen in bestimmter Höhe kann die gerichtliche Entscheidung darüber, also (wiederum) über die Leistungspflicht in bestimmter Höhe, begehrt werden. Dies ist schon dem Wortlaut des § 117 Abs 1 WRG zu entnehmen und leuchtet auch aus der Anordnung in § 117 Abs 4 WRG hervor, wonach bei Zurücknahme des Antrags mangels anderweitiger Vereinbarungen die wasserbehördlich festgelegte Leistung als vereinbart gilt und das Gericht die Entschädigung nicht höher festsetzen darf, als sie im Bescheid festgesetzt war, wenn nur der durch die Einräumung eines Zwangsrechts Begünstigte das Gericht angerufen hat, während eine niedrigere Festsetzung zu unterbleiben hat, wenn nur der Enteignete das Gericht angerufen hat, was sinngemäß auch für die Festsetzung von Ersätzen, Beiträgen und Kosten gilt. Mit einem Antrag nach § 117 Abs 4 WRG kann daher nur die Festsetzung einer vom „Begünstigten“ zu leistenden Entschädigung in bestimmter Höhe samt der damit verbundenen Zahlungspflicht verfolgt werden.

 

Demgegenüber strebt hier der Antragsteller aber vom angerufenen Erstgericht die „Aufhebung des Rückstandsausweises“ und eine Feststellung an (nicht aber den Ausspruch über seine Leistungspflicht in bestimmter geringerer Höhe), womit schon die Zielrichtung seines Begehrens nicht zu einer Entscheidung iSd § 117 WRG führen kann.

 

Für die Inanspruchnahme der sukzessiven Kompetenz fehlt es aber auch an der Voraussetzung der zuvor genannten Sachentscheidung der Behörde. Weder der Rückstandsausweis selbst noch die verwaltungsbehördliche Vollstreckbarkeitsbestätigung ist ein Bescheid. Es wurde daher keine Entscheidung über „die Leistung von Entschädigungen, Ersätzen, Beiträge und Kosten“ nach § 117 Abs 1 WRG erlassen, die der sukzessiven Kompetenz nach § 117 Abs 4 WRG unterläge.