01.02.2022 Verfahrensrecht

OGH: Zur Pfändung und Überweisung der Klagsforderung

Eine erst nach Streitanhängigkeit erfolgte Überweisung bleibt ohne Auswirkungen auf die Klagslegitmation; die davor bewirkte (bloße) Pfändung führt „nur“ dazu, dass nicht auf Zahlung an den Kläger (den Verpflichteten), sondern auf Erlag bei Gericht zu erkennen ist


Schlagworte: Exekutionsrecht, Abgabenexekution, Forderungsexekution, Pfändung, Überweisung zur Einziehung, Klagsforderung, Streitanhängigkeit, Veräußerung der streitverfangenen Sache
Gesetze:

 

§ 71 AbgEO, §§ 303 ff EO, § 234 ZPO

 

GZ 1 Ob 203/21s, 16.11.2021

 

OGH: Die Überweisung der Forderung nach § 71 AbgEO erfolgt (erst) durch Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner. Im vorliegenden Fall wurde der Bund (erst) damit nach § 73 Abs 1 AbgEO ermächtigt, namens des Abgabenschuldners vom Drittschuldner die Entrichtung des im Überweisungsbescheid bezeichneten Betrags (nach Maßgabe des Rechtsbestandes der gepfändeten Forderung und des Eintritts ihrer Fälligkeit) zu begehren. Diese Überweisung der Forderung ist unstrittig erst nach Klageeinbringung und (insofern entscheidend) nach Streitanhängigkeit erfolgt.

 

Die bloße Pfändung (ohne Überweisung) berechtigt den betreibenden Gläubiger nicht zur Drittschuldnerklage. Vor erfolgter Überweisung ist der Verpflichtete in seinen Verfügungen über die gepfändete Forderung nur insoweit beschränkt, als diese mit dem erworbenen Pfandrecht des betreibenden Gläubigers kollidieren; allein die Pfändung schließt eine Klage des Verpflichteten auf gerichtlichen Erlag nicht aus. Erst mit der erfolgten Überweisung verliert der Verpflichtete die Legitimation auch zu diesen Rechtshandlungen. Ist (noch) keine Überweisung erfolgt, steht die Pfändung (für sich) der Klageführung nicht entgegen. Die Beschränkung der materiellen Befugnis liegt lediglich darin, dass der Verpflichtete nicht Leistung an sich, sondern bloß Gerichtserlag begehren darf.

 

Für die Wirkung der Überweisung (mit der dann grundsätzlich nur mehr dem Überweisungsgläubiger das Recht zusteht, die Forderung einzuziehen) kommt es aber maßgeblich darauf an, ob die Überweisung vor oder nach Eintritt der Streitanhängigkeit der Klage erfolgte, weil die Bestimmung des § 234 ZPO auch auf die exekutive Überweisung von Forderungen nach den §§ 303 ff EO anzuwenden ist. Erfolgt sie - wie hier - nach Streitanhängigkeit, bleibt es bei der Aktivlegitimation der Klägerin. Einer Zustimmung der Gläubigerin hätte es daher nur für einen Zuspruch an die Klägerin selbst bedurft. Eine erst nach Streitanhängigkeit erfolgte Überweisung bleibt ohne Auswirkungen auf die Klagslegitmation; die davor bewirkte (bloße) Pfändung führt „nur“ dazu, dass nicht auf Zahlung an den Kläger (den Verpflichteten), sondern auf Erlag bei Gericht zu erkennen ist.

 

Darin, dass das Berufungsgericht wegen der erst nach Streitanhängigkeit erfolgten Überweisung der Forderung (als Übergang im Wege der Einzelrechtsnachfolge) die Klägerin nach wie vor als aktivlegitimiert angesehen hat und das auf Erlag bei Gericht lautende Urteil des Erstgerichts bestätigte, liegt daher keine erhebliche Rechtsfrage.