OGH: Zur „Versicherung gegen Nachteile aus der missbräuchlichen Verwendung eines Zahlungsinstruments“
Die vorliegenden Versicherungsbedingungen versetzen den Kunden nicht einmal annähernd in die Lage, die Sinnhaftigkeit der angebotenen Versicherung in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht abzuschätzen; sie sind daher intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG
§§ 63 ff ZaDiG, § 6 KSchG
GZ 8 Ob 108/21x, 22.10.2021
OGH: Nach § 67 ZaDiG hat im Fall eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs der Zahlungsdienstleister dem Zahler den Betrag des nicht autorisierten Zahlungsvorgangs zu erstatten, außer wenn berechtigte Gründe einen Betrugsverdacht stützen. § 68 ZaDiG regelt die Haftung des Zahlers für Schäden, die dem Zahlungsdienstleister durch eine missbräuchliche Verwendung eines Zahlungsinstruments entstehen, die der Zahler durch eine schuldhafte Verletzung einer Pflicht gem § 63 ZaDiG ermöglicht hat. Hat der Zahler in betrügerischer Absicht gehandelt oder die Pflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt, haftet er gem Abs 3 leg cit grundsätzlich für den gesamten Schaden. Ist dem Zahler nur eine leichte Fahrlässigkeit vorwerfbar, haftet er hingegen nur bis höchstens € 50. Abweichend davon sehen die Abs 2, 5 und 6 des § 68 ZaDiG Ausnahmetatbestände vor, bei denen der Zahler trotz Verletzung einer Pflicht gem § 63 leg cit von einer Haftung zur Gänze befreit wird. ZB ist der Zahler nach § 68 Abs 5 ZaDiG nicht zum Schadenersatz verpflichtet, wenn der Zahlungsdienstleister keine starke Kundenauthentifizierung verlangt, es sei denn, der Zahler hat in betrügerischer Absicht gehandelt. Abs 4 leg cit sieht schließlich abweichend von Abs 1 und 3 leg cit eine Schadensteilung in Fällen vor, in denen den Zahlungsdienstleister ein Mitverschulden trifft und der Zahler den Schaden weder in betrügerischer Absicht noch durch vorsätzliche Verletzung einer Pflicht gem § 63 ZaDiG herbeigeführt hat. § 68 ZaDiG verringert somit die Haftpflichten des Zahlers gegenüber dem allgemeinen Zivilrecht und bewirkt eine Risikoverlagerung vom Zahlungsdienstnutzer auf den Zahlungsdienstleister.
Das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG verlangt nicht nur formale Verständlichkeit iSv Lesbarkeit, sondern auch, dass Inhalt und Tragweite für den Verbraucher durchschaubar sind, dass dem Kunden die wirtschaftliche Tragweite der Bestimmung oder die Tatsache, dass ihm künftig entstehende Kosten aufgebürdet werden, nicht verschleiert wird.
Die vorliegenden Bedingungen für die „Versicherung gegen Nachteile, die aus der missbräuchlichen Verwendung eines Zahlungsinstruments resultieren“ sind intransparent, weil durch die Beschreibung des Versicherungsprodukts insgesamt suggeriert wird, dass der Kunde das Risiko der missbräuchlichen Verwendung eines Zahlungsinstruments trägt, was nach dem ZaDiG nur sehr eingeschränkt der Fall ist. Die Beklagte profitiert wirtschaftlich vom Versicherungsbeitritt ihrer Internetbanking-Kunden, weil ihr ein Teil der Prämienzahlungen des Kunden direkt (als Entgelt für die Versicherungsvermittlung) zukommt und die Versicherung auch die Beklagte treffende Risiken deckt. IZm der Darstellung des Versicherungsprodukts wäre sie daher umso mehr zur Aufklärung über die Rechtslage nach dem ZaDiG verpflichtet, auf die in den Bedingungen nicht einmal verwiesen wird. Die Beschreibung des Versicherungsprodukts versetzt den Kunden daher nicht einmal annähernd in die Lage, die Sinnhaftigkeit der angebotenen Versicherung in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht abzuschätzen.