OGH: Freiheitsersitzung iZm Wegeservitut (hier: Anbringen einer Eisenkette, die das Bewandern des Wanderweges allerdings nicht nachhaltig behindert)
Es trifft zwar zu, dass die Errichtung eines entsprechenden Hindernisses die Freiheitsersitzung auch dann weiterlaufen lässt, wenn es von den Berechtigten durch rechtswidriges Betreten des Nachbargrundes oder Überklettern eines Zaunes umgangen wird; dass die Wanderer hier Nachbargrund betreten hätten, ist aber nicht festgestellt; auch ist der vorliegende Fall nicht mit dem Überklettern eines Zaunes vergleichbar, denn die vom Beklagten gespannte Kette konnte von den Wanderern auf einfachste Weise überstiegen oder links und rechts umgangen werden, sodass sich an den entsprechenden Stellen sogar bereits Trassen gebildet hatten
§ 1488 ABGB, §§ 472 ff ABGB
GZ 4 Ob 134/21s, 21.10.2021
OGH: Die Freiheitsersitzung ist ein Fall der Verjährung. Sie erfolgt durch die Inanspruchnahme des Vollrechts durch den Eigentümer (Besitzer) der belasteten Liegenschaft iVm einer manifesten Beeinträchtigung des Servitutsrechts. Eine solche Beeinträchtigung einer Wegeservitut liegt regelmäßig in der Widersetzlichkeit des Dienstbarkeitsbelasteten dadurch, dass dieser ein (wenngleich nicht unüberwindliches, so doch) die Servitutsausübung beträchtlich beeinträchtigendes Hindernis errichtet, das die ungehinderte Benützung des Dienstbarkeitswegs auf gewöhnliche und allgemein übliche Art unmöglich macht. Ein letztlich erfolglos gebliebenes Widerstreben des Verpflichteten führt nicht zum Rechtsverlust. Die Frage, ob sich der Belastete der Ausübung einer Servitut iSd § 1488 ABGB widersetzt hat, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen.
Es trifft zwar zu, dass die Errichtung eines entsprechenden Hindernisses die Freiheitsersitzung auch dann weiterlaufen lässt, wenn es von den Berechtigten durch rechtswidriges Betreten des Nachbargrundes oder Überklettern eines Zaunes umgangen wird. Dass die Wanderer hier Nachbargrund betreten hätten, ist aber nicht festgestellt. Auch ist der vorliegende Fall nicht mit dem Überklettern eines Zaunes vergleichbar, denn die vom Beklagten gespannte Kette konnte von den Wanderern auf einfachste Weise überstiegen oder links und rechts umgangen werden, sodass sich an den entsprechenden Stellen sogar bereits Trassen gebildet hatten. Damit entspricht der Sachverhalt im Wesentlichen jenem der – ebenfalls eine Freiheitsersitzung von einer Gemeindedienstbarkeit betreffenden – E 2 Ob 232/01h, in der die Freiheitsersitzung abgelehnt wurde.
Auch die Bezugnahme der Revision auf die Feststellungen, wonach der Beklagte Holzablagerungen hinter der Kette vornahm und die Hinweisschilder der Klägerin entfernte, erfordert keine Korrektur der Vorinstanzen durch gegenteilige Sachentscheidung. Diese Arbeiten ließ der Beklagte nämlich erst 2018 durchführen, während die Klage bereits im Jahr 2020 eingebracht wurde. Die dreijährige Frist des § 1488 ABGB wurde damit nicht erreicht.