OGH: § 30 Abs 2 Z 4 MRG – Kündigungsverzicht und vertraglich eingeräumtes Weitergaberecht
Wie der Kläger selbst erkennt, könnte ein außerordentliches Kündigungsrecht trotz des vereinbarten Kündigungsverzichts nur „wegen erheblicher Verletzung wichtiger wirtschaftlicher Interessen des Vermieters iSd § 1118 ABGB“ in Frage kommen; auf solche krassen Missverhältnisse, die auch qualitativ über § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG hinausgehen, beruft sich der Kläger nicht
§ 30 MRG, § 1118 ABGB
GZ 3 Ob 170/21b, 21.10.2021
OGH: Nach der Rsp wird ein nicht ausdrücklich erklärter Ausschluss des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG (auch nur teilweise Überlassung des Mietgegenstands gegen eine unverhältnismäßig hohe Gegenleistung) grundsätzlich nur dann angenommen, wenn der Mieter das Bestandobjekt mit Zustimmung des Vermieters ausdrücklich in der Absicht gemietet hat, aus der Untervermietung Einkünfte zu erzielen, oder es sonst zwischen den Vertragsparteien nach den Umständen klar war, dass der Vermieter gegen die Erzielung erheblicher Vorteile aus der Untervermietung des Bestandgegenstands keinen Einwand hat.
Im Anlassfall wurde demgegenüber in Pkt II des Bestandvertrags ein ausdrücklicher Kündigungsverzicht des Vermieters aufgenommen.
Die Reichweite dieses Kündigungsverzichts ist durch Auslegung zu ermitteln. Das vom Berufungsgericht erzielte Ergebnis, der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG sei vom Kündigungsverzicht des Klägers prinzipiell erfasst, weil die Vertragsparteien auch die den Kündigungsverzicht beschränkenden wichtigen Auflösungsgründe im Bestandvertrag ausdrücklich geregelt hätten, hält sich im Rahmen der Auslegungsgrundsätze. Der hier in Rede stehende Kündigungsgrund ist von der Durchbrechung des Kündigungsverzichts, dessen Umfang die Parteien konkret durchdacht haben, nicht erfasst.
Die weitere Beurteilung des Berufungsgerichts, dass das dem Beklagten vertraglich eingeräumte Weitergaberecht (Überlassung der von ihm errichteten Superädifikate zu betrieblichen Zwecken an Dritte) nicht an den Betrieb eines bestimmten Gewerbes durch den Dritten gebunden sei, steht mit den Auslegungsgrundsätzen ebenfalls im Einklang. Nach der zugrunde liegenden Vertragsbestimmung kommt es für das Weitergaberecht nur auf die Erfüllung der vertraglichen Pflichten gegenüber dem Kläger und das Nichtbestehen schwerer Bedenken gegen die Person des Dritten an.
Die daran geknüpfte Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, dass die Ausweitung der geschäftlichen Tätigkeit des Beklagten um die Vermietung der von ihm vereinbarungsgemäß errichteten Superädifikate zu gewerblichen Zwecken vertragskonform sei, weshalb dies (als Minus) auch für die teilweise Untervermietung gelte, ist jedenfalls vertretbar.
Dem Kläger waren diese Umstände auch lange bekannt, zumal ihm die von den jeweiligen Untermietern benötigten behördlichen Genehmigungen übermittelt worden waren. Dazu hat er selbst zugestanden, dass für ihn im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zwar vorhersehbar gewesen sei, dass der Beklagte einen Teil der gemieteten Flächen untervermieten werde, es aber nicht auch absehbar gewesen sei, dass der Beklagte aus der Untervermietung vermeintlich unverhältnismäßig hohe Untermietzinse lukriere.
Wie der Kläger selbst erkennt, könnte ein außerordentliches Kündigungsrecht trotz des vereinbarten Kündigungsverzichts nur „wegen erheblicher Verletzung wichtiger wirtschaftlicher Interessen des Vermieters iSd § 1118 ABGB“ in Frage kommen. Auf solche krassen Missverhältnisse, die auch qualitativ über § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG hinausgehen, beruft sich der Kläger nicht; solche sind auch nicht erkennbar.