OGH: Zur Exszindierungsklage des Netzbetreibers iZm der Entfernung von Stromleitungen
Als Exszindierungsgründe können alle nach materiellem Recht bestehenden dinglichen und obligatorischen Rechte geltend gemacht werden, wenn sie durch eine Exekutionsführung beeinträchtigt werden
§ 37 EO, § 366 ABGB, § 863 ABGB
GZ 3 Ob 108/21k, 21.10.2021
Die Beklagten führen wurde gegen die Eigentümer der Nachbarliegenschaft eine Exekution zur fachgerechten Entfernung der im Eigentum der klagenden Netzbetreiberin befindlichen Stromleitung; die Netzbetreiberin erhebt dagegen eine Exszindierungsklage.
OGH: Gem § 37 Abs 1 EO kann ein Dritter Widerspruch gegen die Exekution erheben, wenn er an einem davon betroffenen Gegenstand ein Recht behauptet, das die Vornahme der Exekution unzulässig machen würde. Die Exszindierungsgründe sind in der EO nicht näher determiniert; als solche können daher alle nach materiellem Recht bestehenden, sowohl dinglichen als auch obligatorischen Rechte - sofern die Sachen und Rechte nicht im Eigentum des Verpflichteten stehen - geltend gemacht werden, wenn sie durch eine Exekutionsführung beeinträchtigt werden. Von der Exekution ist ein Gegenstand auch dann betroffen, wenn nicht auf ihn Exekution geführt wird, sondern dort exekutive Handlungen vorgenommen werden sollen. Das einer Exszindierungsklage stattgebende Urteil hat zur Folge, dass die Exekution einzustellen ist (§ 37 Abs 4 EO).
In ihrer Revision ziehen die Beklagten hier das Eigentumsrecht der Klägerin am Verteilernetz nicht mehr in Zweifel. Sie argumentieren, durch die Exekutionsführung werde „das Eigentumsrecht am Kabel als solchem nicht tangiert“. Dabei übersehen sie jedoch, dass die - wenngleich fachgerechte - Entfernung des Kabels als Bestandteil des Verteilernetzes sehr wohl einen Eingriff in das Eigentumsrecht der Klägerin am Leitungsnetz bedeutet und dass dadurch zweifellos auch die Funktion der Leitungsanlage beeinträchtigt würde.
Das weitere Argument, durch diese Entscheidung komme es zu einer „allgemeinen Verpflichtung zur Duldung von Stromleitungen“ (als Zuleitung zu einer anderen Liegenschaft), trifft nicht zu: Fest steht nämlich, dass die Betreibende Partei beim Abschluss ihres eigenen Strombezugsvertrags die AGB der Klägerin akzeptierte, nach denen sie sich ua ausdrücklich verpflichtete, der Netzbetreiberin die Zu- und Fortleitung elektrischer Energie und die Herstellung und Änderung des Netzanschlusses anderer Netzkunden über ihr Grundstück in der bereits bestehenden oder geplanten örtlichen Niederspannungsbauweise gegen angemessene Entschädigung sowie Ersatz der Flurschäden zu gestatten. An diese Vereinbarung ist die Beklagte infolge jahrelang vertragskonformen Verhaltens gebunden (§ 863 ABGB). Damit besteht eine vertragliche Grundlage für die Duldung der Zuleitung des Stroms über das Grundstück der Beklagten zum Haus der Verpflichteten. Den Übergang der vertraglich eingeräumten Rechte auf die Klägerin haben die Beklagten nie bestritten.