05.10.2021 Zivilrecht

OGH: Zur Freiheitsersitzung

Der Servitutsbelastete hat einen Sachverhalt zu behaupten und zu beweisen, aus dem der rechtliche Schluss zu ziehen ist, dass die Verjährungsfrist des § 1488 ABGB zum Zeitpunkt der Geltendmachung des behaupteten Anspruchs bereits abgelaufen war; es muss zusätzlich die Verjährung – die Freiheitsersitzung ist ein Fall einer solchen – eingewendet werden; zwar muss dafür nicht ausdrücklich von Verjährung gesprochen werden, aber der Wille des Schuldners ersichtlich sein, sich gerade auf sie, somit auf einen Rechtsverlust des Berechtigten durch Zeitablauf, und nicht etwa auf ein anderes Durchsetzungshindernis oder auf sonstige rechtshindernde oder rechtsvernichtende Umstände zu berufen


Schlagworte: Servitut, Freiheitsersitzung
Gesetze:

 

§ 1488 ABGB, § 1479 ABGB

 

GZ 3 Ob 120/21z, 01.09.2021

 

OGH: Es ist grundsätzlich am Servitutsbelasteten gelegen, die Voraussetzungen der Freiheitsersitzung zu behaupten und zu beweisen. Er hat somit einen Sachverhalt zu behaupten und zu beweisen, aus dem der rechtliche Schluss zu ziehen ist, dass die Verjährungsfrist des § 1488 ABGB zum Zeitpunkt der Geltendmachung des behaupteten Anspruchs – hier durch Exekutionsführung – bereits abgelaufen war.

 

Ein solches Vorbringen der verjährungsbegründenden Tatsachen genügt aber noch nicht. Es muss zusätzlich die Verjährung – die Freiheitsersitzung ist ein Fall einer solchen – eingewendet werden. Zwar muss dafür nicht ausdrücklich von Verjährung gesprochen werden, aber der Wille des Schuldners ersichtlich sein, sich gerade auf sie, somit auf einen Rechtsverlust des Berechtigten durch Zeitablauf, und nicht etwa auf ein anderes Durchsetzungshindernis oder auf sonstige rechtshindernde oder rechtsvernichtende Umstände zu berufen.

 

Im vorliegenden Fall hoben die Kläger in der Klage selbst hervor, dass die 30-jährige Frist noch nicht abgelaufen sei. Aus der Unmöglichkeit der Benützung des Servitutswegs seit Errichtung der Terrasse leiteten sie hier lediglich ab, das Beharren des Beklagten auf dem alten (titulierten) Servitutsweg sei schikanös, stützen sich also nicht auf einen Rechtsverlust des Beklagten durch Zeitablauf.

 

Der Beklagte rügte in seiner Berufung, aufgrund der Eventualmaxime (§ 35 Abs 3 EO) sei auf eine Freiheitsersitzung nicht einzugehen. Die von den Klägern in der Revision ergänzend für deren Zulässigkeit ins Treffen geführte Begründung vermag daher nicht zu überzeugen. Ausgehend davon, dass die Kläger die Freiheitsersitzung nicht schon rechtzeitig in der Klage eingewendet haben, stellt sich aber auch nicht die vom Berufungsgericht als erheblich angesehene Rechtsfrage.