05.10.2021 Zivilrecht

OGH: Garantievertrag – zur Identität des Begünstigten

Die Inanspruchnahme einer Bankgarantie muss zweifelsfrei vom Begünstigten herrühren; die mit Abweichungen verbundenen Risken muss der Garant durch die Auszahlung der Garantiesumme nicht übernehmen; wer behauptet, Begünstigter zu sein, hat daher die dafür sprechenden Umstände auf eine – auch vom Standpunkt der Garantiebank gesehen – unbedenkliche Weise darzutun; die Berufung auf ein Mandat einer nicht parteifähigen Organisation (Amt, Behörde) – hier der Botschaft eines Staats – und deren Benennung als Begünstigte, ohne in weiterer Folge auch nur in Ansätzen aufzuklären, ob der Abruf (auch) zugunsten des dahinterstehenden Rechtssubjekts, als eines oder mehrerer Berechtigter erfolgen sollte, kommt eine solche Eignung nicht zu


Schlagworte: Garantievertrag, Bankgarantie, Begünstigter, GesbR, Botschaft
Gesetze:

 

§ 880a ABGB, § 26 ABGB

 

GZ 5 Ob 94/21s, 05.08.2021

 

OGH: Der echte Garantievertrag ist im Gesetz nicht näher geregelt, er kann nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit mit verschiedenem Inhalt geschlossen werden. Er bedarf nach der Rsp einer Annahme durch den Begünstigten. Diese kann nach den Umständen auch im Schweigen des Begünstigten liegen, insbesondere dann, wenn die Garantie dem Begünstigten typischerweise nur Vorteile bringt.

 

Die Bankgarantie ist ein einseitig verpflichtender Schuldvertrag, der idR der Sicherung der Leistung eines Dritten an den aus diesem Vertrag begünstigten Gläubiger durch die Garantiebank dienen soll. Hängt dabei die Auszahlung der Bankgarantie nur von einer Erklärung des Begünstigten ab, so gilt die formelle Garantiestrenge uneingeschränkt und der Begünstigte hat die Anspruchsvoraussetzungen pedantisch genau zu erfüllen. Dem abstrakten Charakter der Garantie ist auch geschuldet, dass für deren Interpretation im Regelfall nur der Text der Garantieerklärung maßgeblich ist.

 

Ob ein Vertrag (hier eine Garantie) im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, wirft nur dann eine erhebliche Rechtsfrage auf, wenn das Berufungsgericht in wesentlicher Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielte.

 

Die Identität des Begünstigten ist für den Garanten von Bedeutung, weil sie für die Durchsetzbarkeit seiner Ansprüche gegen seinen Auftraggeber relevant sein kann. Bereits in der E zu 9 Ob 24/08g hat der OGH daher ausgesprochen, dass die Garantie unwirksam ist, wenn bereits im Zeitpunkt ihrer Ausstellung kein identifizierbarer Begünstigter vorhanden war. Das Berufungsgericht hat sich auf diese Entscheidung berufen, die der Kläger auch nicht in Frage stellt, und ausführlich begründet, warum es zum Ergebnis gelangte, dass es schon an der für die Wirksamkeit der Garantie erforderlichen Annahme durch einen eindeutig identifizierbaren Begünstigten fehlte. Dem hält der Kläger lediglich seine Schlussfolgerungen aus dem Grundverhältnis entgegen, um zu begründen, warum seine Stellung als Begünstigter nicht zweifelhaft sei. Er übersieht dabei jedoch, dass allein auf den Garantievertrag abzustellen ist und der Garantieerklärung keine Bedeutung unterstellt werden darf, die sich aus dem Grundverhältnis ergibt. Auch bleiben seine Ausführungen widersprüchlich, wenn er einerseits meint, es habe sich bei der Benennung der Botschaft um eine „hilfsweise Zuhilfenahme der Adresse der Botschaft“ gehandelt, um zu begründen, warum er (offensichtlich alleiniger) Begünstigter sei, und andererseits den Standpunkt vertritt, weil die Botschaft in der Garantieurkunde ausdrücklich als Auftraggeberin/Begünstigte genannt ist, lägen zwei Rechtssubjekte vor, weswegen die Botschaft und er gemeinsam als Begünstigte in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzusehen seien. Diese Argumentation muss schon deshalb unklar bleiben, weil eine Botschaft im Gegensatz zum Staat, den sie vertritt, kein Völkerrechtssubjekt und damit auch nicht parteifähig ist.

 

Dass das durch die Botschaft vertretene Königreich aus der Garantie begünstigt sein sollte, behauptet der Kläger nicht, sondern beharrt auch noch in der Revision auf seinem Standpunkt allein zur Inanspruchnahme der Garantie, entweder als ausschließlich Begünstigter oder als Gesellschafter einer GesbR (die er gemeinsam mit der Botschaft bilde) berechtigt zu sein. Selbst wenn man – was hier nicht näher zu erörtern ist – mit dem Kläger von einer GesbR nach österreichischem Recht ausgehen wollte, sind Forderungen einer GesbR gem § 1180 ABGB den Gesellschaftern zur gesamten Hand zugeordnet und können nur nach Maßgabe des § 890 Satz 2 ABGB inkassiert werden. Gegen die Annahme, der Kläger sollte nach der Absicht der Parteien des Garantievertrags alleiniger Begünstigter sein, spricht dessen Wortlaut, der unzweifelhaft auf eine Mehrheit von Auftraggebern/Begünstigten abzielt. Die dadurch begründeten Zweifel, wer berechtigt sein sollte, kann der Kläger auch in seiner Revision nicht entkräften. Damit sind seine Ausführungen auch nicht geeignet, Bedenken gegen die Ansicht der Vorinstanzen zu erwecken, dass sich aus der Garantieerklärung kein eindeutiger Begünstigter entnehmen lässt, und es seine Sache gewesen wäre, rechtzeitig eine Klarstellung herbeizuführen und die Ausstellung einer neuen Garantie unter eindeutiger Bezeichnung des/der Begünstigten herbeizuführen.

 

Selbst auf Seiten des Klägers war offenkundig unklar, wer Begünstigter und daher zum Abruf der Garantie berechtigt sein soll, wie sich nicht zuletzt in den widersprüchlichen Abruferklärungen durch seinen Vertreter zeigt, der zunächst die Zahlung der Garantiesumme im Namen der Botschaft und mit einem weiteren Schreiben im Namen der Botschaft und namens des Klägers forderte. Die Inanspruchnahme einer Bankgarantie muss aber zweifelsfrei vom Begünstigten herrühren. Die mit Abweichungen verbundenen Risken muss der Garant durch die Auszahlung der Garantiesumme nicht übernehmen. Wer behauptet, Begünstigter zu sein, hat daher die dafür sprechenden Umstände auf eine – auch vom Standpunkt der Garantiebank gesehen – unbedenkliche Weise darzutun. Die Berufung auf ein Mandat einer nicht parteifähigen Organisation (Amt, Behörde) – hier der Botschaft eines Staats – und deren Benennung als Begünstigte, ohne in weiterer Folge auch nur in Ansätzen aufzuklären, ob der Abruf (auch) zugunsten des dahinterstehenden Rechtssubjekts, als eines oder mehrerer Berechtigter erfolgen sollte, kommt eine solche Eignung nicht zu. Damit ist es entgegen der Ansicht des Revisionswerbers auch nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht für den Fall, dass man einen ausreichend konkret bezeichneten Begünstigten und damit eine wirksame Garantie annehmen wollte, zum Ergebnis gelangte, dass die Abruferklärungen keine Zahlungspflicht der Beklagten auszulösen vermochten. Die Beklagte hat auf den Abruf nicht reagiert und keine Zahlung geleistet. Inwieweit dieser Umstand ein Anerkenntnis seiner Begünstigtenstellung begründen soll, vermag der Revisionswerber nicht schlüssig darzulegen. Der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs bei der Inanspruchnahme der Garantie muss bei dieser Sachlage nicht erörtert werden.