28.09.2021 Zivilrecht

OGH: § 231 ABGB – Unterhaltsbemessung, sowie Antrag auf Einzahlung der Unterhaltsbeträge auf ein Treuhandkonto aufgrund der Gefahr, dass diese Beiträge zum Teil zur Deckung der Bedürfnisse des betreuenden Elternteils verwendet werden

Grundsätzlich rechtfertigt die bloße Tatsache, dass der betreuende Elternteil im Haushalt tätig ist und über kein eigenes Einkommen verfügt, nicht die Kürzung des (prozentuell errechneten bzw iZm dem Regelbedarf bemessenen) Geldunterhalts; die Vermögensverwaltung durch die Eltern ist nur dann gerichtlich zu überwachen, wenn das Wohl des Kindes etwa durch missbräuchliche Verwendung des Vermögens durch die Eltern gefährdet erscheint; das Gericht ist nicht „Oberaufseher“ oder „oberste Zweckmäßigkeitsinstanz“ im vermögensrechtlichen Bereich der Eltern-Kind-Beziehung, sondern hat sich grundsätzlich auf eine maßvolle Gebarungskontrolle primär zur Abwehr akuter Gefahren zu beschränken


Schlagworte: Familienrecht, Kindesunterhalt, Bemessung, Gefahr der missbräuchlichen Verwendung, Treuhandkonto, Vermögensverwaltung
Gesetze:

 

§ 231 ABGB, § 133 AußStrG

 

GZ 4 Ob 1/21g, 27.05.2021

 

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil höchstgerichtliche Rsp zur vorliegenden Konstellation fehle, nämlich zwei im Haushalt je eines Elternteils lebende unterhaltsberechtigte Kinder, für die der eine geldunterhaltspflichtige Elternteil seit Jahren keinerlei Unterhaltsleistungen erbringe, der andere hingegen solche im Bereich der Luxusgrenze, wobei der dieses Kind betreuende Elternteil nach eigenen Angaben über keinerlei eigene Einkünfte oder Vermögen verfüge, sodass sich die Frage nach einer Verwendung eines Teils des Kindesunterhalts auch zur Deckung des eigenen Unterhaltsbedarfs aufdränge.

 

Die Mutter bringt vor, da die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung der von der Mutter für den Sohn geleisteten Unterhaltsbeiträge durch den Vater bestehe, wäre iSv § 133 Abs 4 AußStrG dem Antrag auf Einzahlung von Unterhaltsbeträgen auf ein Treuhandkonto stattzugeben gewesen.

 

OGH: Grundsätzlich rechtfertigt die bloße Tatsache, dass der betreuende Elternteil im Haushalt tätig ist und über kein eigenes Einkommen verfügt, nicht die Kürzung des (prozentuell errechneten bzw iZm dem Regelbedarf bemessenen) Geldunterhalts. Bescheidenere Verhältnisse des betreuenden Elternteils sind nur im Extremfall von Bedeutung, wenn ein krasses Missverhältnis zwischen dem Kind und dem Elternteil, in dessen Haushalt es aufwächst, vermieden werden soll. Dies wurde im Anlassfall aber weder schlüssig behauptet, noch festgestellt.

 

In der E 2 Ob 2132/96k wurde ausgesprochen, dass die Einkommenslosigkeit jenes Elternteils, der das Kind betreut, bei der Bemessung des vom anderen Elternteil zu leistenden Unterhalts nicht zu berücksichtigen sei. Es sei nicht einzusehen, warum dieser Elternteil deshalb entlastet werden müsste, weil der das Kind betreuende Elternteil über die Betreuung hinaus zu Unterhaltsleistungen nicht imstande sei. Die gegenteilige Ansicht würde ganz offensichtlich nicht dem Wohl der Kinder dienen und sei daher abzulehnen. Im Übrigen könnte die Gefahr, dass die vom Unterhaltsverpflichteten geleisteten Unterhaltsbeträge zum Teil zur Deckung der Bedürfnisse des betreuenden Elternteils verwendet werden, durch die Bemessung eines geringeren Unterhalts nicht beseitigt oder verringert werden. Auch ein geringerer Unterhalt würde nämlich die gesetzwidrige Verwendung der Unterhaltsbeträge nicht ausschließen und könnte sich auch unter diesem Gesichtspunkt zum Nachteil der Kinder auswirken, weil dann eben auch für die Deckung der Bedürfnisse der Kinder nur ein geringerer Betrag zur Verfügung stünde.

 

Der Einwand, die Unterhaltszahlungen würden nicht ausschließlich zur Alimentierung des Berechtigten verwendet werden, ist bei der Unterhaltsfestsetzung unbeachtlich.

 

Die von den Vorinstanzen vorgenommene Nichtberücksichtigung der Einkommens- und Lebensverhältnisse des Vaters bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs des Sohnes gegenüber der Mutter hält sich im Rahmen der dargelegten Rsp und begründet daher keine grobe Fehlbeurteilung, sodass eine erhebliche Rechtsfrage zu diesem Punkt nicht aufgezeigt wird.

 

Gem § 133 Abs 3 AußStrG hat das Gericht die Verwaltung auch nicht nennenswerten Vermögens zu überwachen, wenn dies zur Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr für das Wohl der vertretenen Person erforderlich ist. Nach Abs 4 leg cit kann das Gericht zu diesem Zweck ua Aufträge erteilen und einstweilige Vorkehrungen treffen.

 

Die Vermögensverwaltung durch die Eltern ist nur dann gerichtlich zu überwachen, wenn das Wohl des Kindes etwa durch missbräuchliche Verwendung des Vermögens durch die Eltern gefährdet erscheint. Das Gericht ist nicht „Oberaufseher“ oder „oberste Zweckmäßigkeitsinstanz“ im vermögensrechtlichen Bereich der Eltern-Kind-Beziehung, sondern hat sich grundsätzlich auf eine maßvolle Gebarungskontrolle primär zur Abwehr akuter Gefahren zu beschränken.

 

Im vorliegenden Fall sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Vater die für den Sohn gewidmeten Unterhaltsbeiträge der Mutter missbräuchlich verwenden würde bzw dass eine drohende Gefahr für das Wohl des Minderjährigen gegeben wäre. Die Abweisung des auf Treuhandkontozahlung gerichteten Antrags der Mutter durch die Vorinstanzen hält sich daher im Rahmen der zitierten Rsp.