OGH: Zur Sicherheitsleistung nach § 1170b ABGB
Das Sicherungsbegehren ist nur dann unbeachtlich, wenn es deutlich überhöht ist und der Werkbesteller einen angemessenen Betrag nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermitteln kann
§ 1168 ABGB, § 1170b ABGB
GZ 9 Ob 30/21h, 28.07.2021
OGH: Gem § 1170b ABGB kann der Unternehmer eines Bauwerks, einer Außenanlage zu einem Bauwerk oder eines Teils hievon vom Besteller ab Vertragsabschluss für das noch ausstehende Entgelt eine Sicherstellung bis zur Höhe von 1/5 des vereinbarten Entgelts, bei Verträgen, die innerhalb von 3 Monaten zu erfüllen sind, aber bis zur Höhe von 2/5 des vereinbarten Entgelts, verlangen. Dieses Recht kann nicht abbedungen werden. Die Kosten der Sicherstellung hat der Sicherungsnehmer zu tragen, soweit sie pro Jahr 2 % der Sicherungssumme nicht übersteigen. Die Kostentragungspflicht entfällt, wenn die Sicherheit nur mehr wegen Einwendungen des Bestellers gegen den Entgeltanspruch aufrechterhalten werden muss und die Einwendungen sich als unbegründet erweisen. Kommt der Besteller dem Verlangen des Unternehmers auf Leistung einer Sicherstellung nicht, nicht ausreichend oder nicht rechtzeitig nach, so kann der Unternehmer seine Leistung verweigern und unter Setzung einer angemessenen Nachfrist die Vertragsaufhebung erklären.
Die vom Werkunternehmer gem § 1170b Abs 2 ABGB erklärte Auflösung des Vertrags beseitigt den Erfüllungsanspruch des Bestellers, sodass sich dieser auf eine Pflicht zur mängelfreien Herstellung des Werks durch den Unternehmer nicht mehr berufen kann. Dem Unternehmer gebührt zufolge des Verweises auf § 1168 Abs 2 ABGB ein entsprechend der Regelung des § 1168 Abs 1 ABGB verminderter Entgeltanspruch, dem der Besteller mangelnde Fälligkeit, weil das Werk mangelhaft erbracht wurde oder unvollendet blieb, nicht entgegenhalten kann. Für die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrags verbleibt nach berechtigter Auflösung des Vertrags nach § 1170b ABGB kein Raum.
Maßgebend für die Höhe der Sicherheitsleistung ist stets (sowohl für die prozentuelle Berechnung als auch für die Beschränkung durch das noch ausstehende Entgelt) das vereinbarte Gesamtentgelt. Die höhenmäßige Begrenzung der Sicherstellung durch das „noch ausstehende Entgelt“ führt nur dann zu einer Reduktion der absoluten Höchstgrenze (20 % bzw 40 %), wenn diese den insgesamt noch ausständigen Vergütungsanspruch übersteigt. Bei Verrechnung in Abschnitten ist die Sicherstellung nicht nur für das für den jeweils begonnenen Bauabschnitt vereinbarte und ausstehende Entgelt zu leisten, sondern für das noch ausstehende Gesamtentgelt. Ein überhöhtes Sicherungsbegehren ist auf den zulässigen Inhalt zu reduzieren, wenn der Besteller die Höhe der Sicherstellung selbst ohne weiteres erkennen kann. Das Sicherungsbegehren ist aber dann unbeachtlich, wenn es deutlich überhöht ist und der Werkbesteller einen angemessenen Betrag nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermitteln kann.