22.09.2021 Zivilrecht

OGH: Erwachsenenvertreter – Erweiterung des Wirkungsbereichs (iZm Operation)

Es ist für einen einzelnen, konkret in Aussicht genommenen Eingriff die ärztliche Aufklärung entgegen zu nehmen, die Entscheidung über diesen Eingriff unter Bedachtnahme auf § 253 Abs 1 ABGB zu treffen und die Vertretung bei den damit verbundenen Behandlungsverträgen wahrzunehmen; wenn das Rekursgericht keine Gründe dafür erkannte, dass die bestellte Erwachsenenvertreterin dazu nicht in der Lage wäre, liegt darin keine im – hier sehr spezifischen – Einzelfall aufzugreifende Überschreitung des den Vorinstanzen dabei einzuräumenden Ermessensspielraums


Schlagworte: Erwachsenenschutzrecht, Auswahl und Bestellung, Erweiterung des Wirkungsbereichs, Vertretung in medizinischen Angelegenheiten, Operation, ärztliche Aufklärung
Gesetze:

 

§ 273 ABGB, § 253 ABGB

 

GZ 3 Ob 86/21z, 01.09.2021

 

OGH: Dass die Erweiterung des Wirkungsbereichs im Lichte des § 253 Abs 1 ABGB nicht erforderlich wäre, wird im Rechtsmittel nicht geltend gemacht. Auch sonstige Gründe, die gegen die mit dem angefochtenen Beschluss erkannte Erweiterung des Aufgabenbereichs im Bezug auf die – nach der Aktenlage immer dringender werdende – konkrete Operation sprechen würden, nennt das Rechtsmittel nicht.

 

Bei der Auswahl und Bestellung des Erwachsenenvertreters ist nach § 273 Abs 1 ABGB auf die Bedürfnisse der volljährigen Person und deren Wünsche, die Eignung des Erwachsenenvertreters und auf die zu besorgenden Angelegenheiten Bedacht zu nehmen. Rechtsanwälte müssen nach § 275 ABGB gerichtliche Erwachsenenvertretungen grundsätzlich übernehmen, sofern nicht ein in dieser Bestimmung genannter Ablehnungsgrund vorliegt. Ob Argumente des Rechtsanwalts, welche seiner Ansicht nach die Übernahme der konkreten Erwachsenenvertretung unzumutbar machen, im Einzelfall gerechtfertigt sind, wirft grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage nach § 62 Abs 1 AußStrG auf.

 

Soweit die Erwachsenenvertreterin dahin argumentiert, dass ihr die entsprechende medizinische Ausbildung fehle, um die Fachfragen zu beantworten, übersieht sie, dass darin nicht ihre zentrale Aufgabe als Erwachsenenvertreterin besteht. Es ist für einen einzelnen, konkret in Aussicht genommenen Eingriff die ärztliche Aufklärung entgegen zu nehmen, die Entscheidung über diesen Eingriff unter Bedachtnahme auf § 253 Abs 1 ABGB zu treffen und die Vertretung bei den damit verbundenen Behandlungsverträgen wahrzunehmen. Wenn das Rekursgericht keine Gründe dafür erkannte, dass die bestellte Erwachsenenvertreterin dazu nicht in der Lage wäre, liegt darin keine im – hier sehr spezifischen – Einzelfall aufzugreifende Überschreitung des den Vorinstanzen dabei einzuräumenden Ermessensspielraums.