OGH: § 364 ABGB iZm Errichten von Feuerstellen am Flussufer
Der Kläger vermag nicht aufzuzeigen, welche verlässliche Handlung die Beklagte setzen könnte, um das Entzünden von Feuerstellen zu verhindern; wenn er argumentiert, dem „privaten Eigentümer [sei] jegliche Verhinderung zumutbar“, während „die öffentliche Hand als Grundeigentümer ungerechtfertigt bessergestellt“ werde, übersieht er, dass die Beklagte unmittelbar aufgrund des Gesetzes zu Gewährung des Gemeingebrauchs (§ 8 Abs 1 WRG) und damit dazu verpflichtet ist, Interessenten die Gewässernutzung in diesem Umfang zu ermöglichen; demgegenüber hat ein Eigentümer, der Gemeingebrauch nicht gestatten muss, andere rechtliche und praktische Möglichkeiten, die ungerechtfertigte Nutzung seiner Liegenschaft zu verhindern; dass die Beklagte die (realistische) Möglichkeit haben muss, die vom Kläger zum Gegenstand seines Rechtsschutzbegehrens gemachten Eingriffshandlungen zu verhindern, ergibt sich daraus, dass für die Bejahung der verschuldensunabhängigen Unterlassungspflicht der beklagten Eigentümerin der Liegenschaft für einen im Nachbarrecht wurzelnden Anspruch ein Zusammenhang zwischen Sachherrschaft und Störung maßgeblich ist; die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass ständige Kontrollen der Beklagten unzumutbar und stichprobenartige Kontrollen nicht ausreichend seien, ist nicht korrekturbedürftig
§ 364 ABGB, § 8 WRG
GZ 1 Ob 107/21y, 22.06.2021
OGH: Im Verfahren ist unstrittig, dass es sich beim Grundstück der Beklagten um öffentliches Wassergut iSd § 4 Abs 1 WRG handelt, das dem „großen“ Gemeingebrauch des § 8 Abs 1 WRG unterliegt. Öffentliches Wassergut dient unter Bedachtnahme auf den Gemeingebrauch insbesondere der Erholung der Bevölkerung (§ 4 Abs 2 lit e WRG). Nach § 8 Abs 1 WRG ist an öffentlichen Gewässern der gewöhnliche ohne besondere Vorrichtungen vorgenommene, die gleiche Benutzung durch andere nicht ausschließende Gebrauch des Wassers, wie insbesondere zum Baden, Waschen, Tränken, Schwemmen, Schöpfen, dann die Gewinnung von Pflanzen, Schlamm, Erde, Sand, Schotter, Steinen und Eis, schließlich die Benutzung der Eisdecke überhaupt, soweit dadurch weder der Wasserlauf, die Beschaffenheit des Wassers oder die Ufer gefährdet noch ein Recht verletzt oder ein öffentliches Interesse beeinträchtigt noch jemandem ein Schaden zugefügt wird, ohne besondere Bewilligung der Wasserrechtsbehörde unentgeltlich erlaubt.
Als Gemeingebrauch wird die jedermann unter gleichen Bedingungen ohne besondere behördliche Bewilligung und ohne Zustimmung des über die betroffene Liegenschaft Verfügungsberechtigten zustehende Freiheit verstanden, bestimmte Sachen entsprechend ihrer Zweckbestimmung bzw im Rahmen der Üblichkeit zu verwenden. Der Gemeingebrauch bewirkt, dass der Eigentümer den Gebrauch der Sache durch andere nicht hindern kann, sofern sich diese im Rahmen des Gemeingebrauchs halten. Der Eigentümer hat über die Sache nur noch die rechtliche Verfügungsbefugnis, aber nicht die tatsächliche Sachherrschaft.
Der Kläger geht ebenso wie das Berufungsgericht davon aus, dass das Entzünden von Feuerstellen nicht als Gemeingebrauch iSd § 8 Abs 1 WRG zu werten ist, weil das Verbrennen von nassem Schwemmholz nach § 1a Abs 2 und 3 und § 3 Abs 1 Bundesluftreinhaltegesetz verboten ist und ein solches Lagerfeuer am Ufer eines öffentlichen Gewässers nicht zum Gebrauch des Wassers zählt. Die Beklagte sei als Liegenschaftseigentümerin grundsätzlich berechtigt, das Entzünden von Feuerstellen, weil diese nicht vom Gemeingebrauch umfasst seien, zu untersagen.
Nach § 364 Abs 2 Satz 1 ABGB kann der Eigentümer eines Grundstücks dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Immissionen insoweit untersagen, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen. Bei der vorliegenden Klage handelt es sich um eine solche nach § 364 Abs 2 ABGB als Anwendungsfall der actio negatoria.
Den Eigentümer der Nachbarliegenschaft trifft als Reflex seiner Unterlassungspflicht auch eine gewisse Hinderungspflicht im Hinblick auf Störungen durch Dritte. Verursacht ein anderer die Störung, so wird die Haftung des Nachbarn dann als gerechtfertigt erachtet, wenn er die Einwirkung duldet, obwohl er sie zu verhindern berechtigt und dazu auch imstande gewesen wäre. Die passive Klagelegitimation eines „mittelbaren Störers“ setzt voraus, dass er die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit hat, die störenden Handlungen Dritter zu steuern und gegebenenfalls zu verhindern.
Das Berufungsgericht führte dazu aus, dass die Beklagte im Rahmen des gesetzlich angeordneten Gemeingebrauchs verpflichtet sei, unter anderem das Betreten des Ufergrundstücks durch Erholungssuchende zu dulden. Das bloße Aufstellen von Verbotstafeln, mit denen das Errichten von Feuerstellen für verboten erklärt werde, könne das Unterbinden der Störungshandlungen nicht gewährleisten. Von der Beklagten könne nicht verlangt werden, laufend die Einhaltung des zulässigen Gemeingebrauchs zu kontrollieren, um darüber hinaus gehende Handlungen umgehend zu unterbinden. Stichprobenartige Kontrollen seien jedenfalls zur gänzlichen Unterbindung der beklaten Störungshandlungen nicht geeignet. Die Beklagte habe aufgrund des von ihr nach § 8 Abs 1 WRG zu duldenden Gemeingebrauchs keine verlässliche und zumutbare, vom Kläger angestrebte gänzliche Verhinderungsmöglichkeit, um das unzulässige Entzünden von Lagerfeuern zu unterbinden und die damit einhergehenden, allenfalls das ortsübliche Maß überschreitenden Immissionen auf der Liegenschaft des Klägers zu beenden. Diese Beurteilung ist nicht korrekturbedürftig.
Der Kläger vermag in seiner außerordentlichen Revision nicht aufzuzeigen, welche verlässliche Handlung die Beklagte setzen könnte, um das Entzünden von Feuerstellen zu verhindern. Wenn er argumentiert, dem „privaten Eigentümer [sei] jegliche Verhinderung zumutbar“, während „die öffentliche Hand als Grundeigentümer ungerechtfertigt bessergestellt“ werde, übersieht er, dass die Beklagte unmittelbar aufgrund des Gesetzes zu Gewährung des Gemeingebrauchs (§ 8 Abs 1 WRG) und damit dazu verpflichtet ist, Interessenten die Gewässernutzung in diesem Umfang zu ermöglichen. Demgegenüber hat ein Eigentümer, der Gemeingebrauch nicht gestatten muss, andere rechtliche und praktische Möglichkeiten, die ungerechtfertigte Nutzung seiner Liegenschaft zu verhindern. Dass die Beklagte die (realistische) Möglichkeit haben muss, die vom Kläger zum Gegenstand seines Rechtsschutzbegehrens gemachten Eingriffshandlungen zu verhindern, ergibt sich daraus, dass für die Bejahung der verschuldensunabhängigen Unterlassungspflicht der beklagten Eigentümerin der Liegenschaft für einen im Nachbarrecht wurzelnden Anspruch ein Zusammenhang zwischen Sachherrschaft und Störung maßgeblich ist. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass ständige Kontrollen der Beklagten unzumutbar und stichprobenartige Kontrollen nicht ausreichend seien, ist nicht korrekturbedürftig.