15.06.2021 Zivilrecht

OGH: § 16 WEG - zu Änderungen des Wohnungseigentumsobjekts

Es liegt keine genehmigungspflichtige Änderung vor, wenn der jener Baubewilligung entsprechende Bauzustand hergestellt wird, der dem vertraglichen Konsens bei der Begründung von Wohnungseigentum zugrunde lag


Schlagworte: Wohnungseigentumsrecht, Änderung des Wohnungseigentumsobjekts, Zustimmung, Miteigentümer, Herstellung des Zustandes gemäß der Baubewilligung
Gesetze:

 

§ 16 WEG, § 26 WEG, § 523 ABGB

 

GZ 5 Ob 64/21d, 20.04.2021

 

OGH: Für die Beurteilung, ob eine Maßnahme eine genehmigungspflichtige Änderung iSd § 16 Abs 2 WEG bewirkt, ist auf den bestehenden Zustand des betreffenden Objekts abzustellen. Prüfmaßstab ist der aktuelle rechtmäßige Bestand. Der OGH hat bereits ausgesprochen, dass im Fall einer baulichen Umgestaltung des ursprünglichen Objekts zur Beurteilung dieser Frage ein Rückgriff auf die der Maßnahme zugrundeliegende vertragliche Einigung der Mit- und Wohnungseigentümer notwendig ist. Maßgebliches Kriterium für die Beurteilung der Frage, ob eine genehmigungsbedürftige Änderung iSd § 16 Abs 2 WEG vorliegt, ist der vertragliche Konsens der Mit- und Wohnungseigentümer. Nur solche Maßnahmen, die vom ursprünglichen Konsens nicht erfasst sind, fallen unter § 16 Abs 2 WEG. Die baubehördliche Bewilligung einer eigenmächtigen Änderung an Wohnungseigentumsobjekten ist hingegen für die Beurteilung des zivilrechtlichen Beseitigungsanspruchs ohne Bedeutung. Eigenmächtige Änderungen können ungeachtet ihrer Genehmigung durch die Baubehörde untersagt werden, wenn sie schutzwürdige Interessen anderer Wohnungseigentümer verletzen.

 

Es liegt aber keine genehmigungspflichtige Änderung vor, wenn die von einem Wohnungseigentümer nach dem Kauf seines Wohnungseigentumsobjekts vorgenommenen Baumaßnahmen jenem Einreichplan entsprechen, der noch vor Einverleibung von Wohnungseigentum (hier nach dem WEG 1975) von der Baubehörde bewilligt wurde und deshalb nach den Bestimmungen des WEG 1975 Grundlage für die Einverleibung des Wohnungseigentums sein musste und der vertraglichen Einigung der Mit- und Wohnungseigentümer über die Einräumung von Wohnungseigentum im Wohnungseigentumsvertrag zugrunde gelegt wurde. Der diesem Plan entsprechende Bauzustand bildet den vertraglichen Konsens bei der Begründung von Wohnungseigentum.

 

Diese Grundsätze gelten auch im hier zu beurteilenden Fall: Wohnungseigentum wurde erstmals 1999 einverleibt. Bereits vor Abschluss des Vertrags zur Begründung von Wohnungseigentum hatte die Baubehörde aufgrund eines Einreichplans des Einzelrechtsvorgängers beider Parteien die später in deren Wohnungseigentumsobjekten vorgenommenen baulichen Änderungen genehmigt. Der zu prüfende bauliche Zustand entspricht daher dem vertraglichen Konsens bei der Begründung von Wohnungseigentum. Die beanstandete Baumaßnahme der Beklagten ist damit keine genehmigungspflichtige Änderung iSd § 16 Abs 2 WEG.