OGH: § 1325 ABGB – zur Bemessung des Schmerzengeldes (iZm Querschnittslähmung)
Die Revision des Klägers zeigt keine vom OGH aufzugreifende Fehlbemessung des Schmerzengeldes (320.000 EUR) auf, wenn sie das Schmerzengeld entgegen der Rsp des OGH anhand von Tagessätzen für die festgestellten Schmerzperioden mit insgesamt 495.330 EUR bemisst
§ 1325 ABGB
GZ 5 Ob 202/20x, 18.03.2021
OGH: Der 1961 geborene Kläger erlitt im Bereich der Halswirbelsäule eine Querschnittsschädigung, die zu einer völligen Unterbrechung der Leitfähigkeit des Rückenmarks mit totaler Funktionslosigkeit unterhalb des Querschnitts und Bewegungsunfähigkeit aller vier Extremitäten, einer Blasen- und Mastdarmfunktionsstörung mit Katheterisierung, und einer weitgehenden Lähmung der Atemmuskulatur mit deutlich erschwerter Atmung (ohne dauernde Notwendigkeit einer assistierten Beatmung) führte. Aufgrund der massiv beeinträchtigten Thermoregulation besteht eine extreme Thromboembolie-Gefährdung sowie die Gefahr der Überhitzung bei warmen Außentemperaturen mit Fieber bis zu 40 Grad Celsius. Der Kläger leidet immer wieder an Schmerzen im Nackenbereich und an Spasmen. Er war vor dem Unfall – so wie seine nächsten Angehörigen – sehr sportlich und aktiv, mindestens drei mal die Woche mit dem Mountainbike unterwegs, ging im Winter Skitouren, fuhr Ski und spielte einmal pro Woche Fußball und Tischtennis. Alle sportlichen Aktivitäten sind aufgrund der Querschnittslähmung ausgeschlossen. Der Kläger kann sich bis ans Ende seines Lebens nur mit dem Rollstuhl – und das nur eingeschränkt – fortbewegen. Die unfallbedingten Einschränkungen setzen dem Kläger psychisch sehr zu.
OGH: Die Beurteilung der Höhe des angemessenen Schmerzengeldes ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Dabei ist zur Vermeidung einer völligen Ungleichmäßigkeit ein objektiver Maßstab anzulegen, in dem der von der Jud ganz allgemein gezogene Rahmen für die Bemessung im Einzelfall nicht gesprengt wird. Die Bemessung hat nicht nach starren Regeln, etwa nach Tagessätzen oder Schmerzperioden zu erfolgen.
Das Berufungsgericht hat diese Kriterien bei der Bemessung des Schmerzengeldes mit insgesamt 320.000 EUR beachtet und dabei insbesondere auf Querschnittlähmungen bezogene Vergleichsfälle in der bisherigen Rsp ausführlich dargestellt. Die seit den Vorentscheidungen eingetretene Geldentwertung hat es berücksichtigt, indem es die Höhe des jeweils zugesprochenen Schmerzengeldes bezogen auf den Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz im vorliegenden Verfahren (14. 2. 2020) valorisierte und dabei über den in 2 Ob 214/14f gezogenen Vergleich des Verbraucherpreisindexes zwischen den jeweiligen Unfallzeitpunkten hinausging.
Aus den Vergleichsfällen hervorzuheben ist die Entscheidung 2 Ob 237/01v vom 18. 4. 2002: Unfall eines 21-jährigen Mannes vom 15. 7. 1997; Zuspruch Schmerzengeld umgerechnet 218.018 EUR (valorisiert zum 14. 2. 2020: 301.954,93 EUR); Unfallfolgen ua hohe Querschnittsymptomatik mit Lähmung beider Arme und Beine und lediglich geringer Restbeweglichkeit von Daumen und Zeigefinger rechts sowie des Ellbogengelenks links, Lähmung des Atemnervs mit bis ans Lebensende notwendiger maschineller künstlicher Beatmung, Mastdarm- und Blasenlähmung mit Katheterisierung alle vier Stunden, Augenmuskellähmung mit Schielstellung und Doppelbildern, ständig und bewusst erlebte Pflegenotwendigkeit rund um die Uhr samt ständiger Todesangst infolge Abhängigkeit von einem ständig funktionierenden Beatmungsgerät.
Die Revision des Klägers zeigt keine vom OGH aufzugreifende Fehlbemessung des Schmerzengeldes (320.000 EUR) auf, wenn sie das Schmerzengeld entgegen der Rsp des OGH anhand von Tagessätzen für die festgestellten Schmerzperioden mit insgesamt 495.330 EUR bemisst. Welche anderen Umstände als die vom Berufungsgericht vorgenommene Valorisierung zu einem höheren Zuspruch zwingen sollte, legt sie nicht dar.