OGH: Zur Serienschadenklausel in Art 3.1.c AVBV (iZm Pflichtverletzungen des RA)
Die fehlerhafte Vertretung eines RA in Bezug auf jeweils selbstständigen Mandate, die sich auch jeweils nur beim jeweiligen Mandanten vermögensschädigend auswirkte, ist mangels rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs nicht als ein einheitlicher Verstoß iSd Art 3.1.c AVBV anzusehen
Art 3 AVBV, § 9 RAO
GZ 7 Ob 17/21g, 24.02.2021
OGH: Die Serienschadenklausel im zweiten Satz des Art 3.1.c AVBV bestimmt, dass die Versicherungssumme nur einmal geleistet wird, einerseits für sämtliche Folgen eines Verstoßes und andererseits bei mehreren Verstößen aufgrund mehrfachen, auf gleichen oder gleichartigen Fehlerquellen beruhenden Tuns oder Unterlassens, weil dies bei rechtlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang der betreffenden Angelegenheiten als einheitlicher Verstoß gilt. Ihr Zweck ist es, mittels einer Fiktion mehrere Versicherungsfälle unter bestimmten Voraussetzungen als einen Versicherungsfall zu behandeln, um so die vereinbarte Versicherungssumme nur einmal zur Verfügung zu stellen. Sie führt beim VN zu einer Schmälerung des Versicherungsschutzes und beim Versicherer trotz mehrerer Verstöße zu einer Begrenzung seiner Eintrittspflicht auf den Höchstbetrag. Sie beschränkt damit als Risikobegrenzungsklausel die Leistungspflicht des Versicherers zu Lasten des VN.
Nicht strittig ist hier, dass die zwar zeitlich zusammenfallenden, aber mehrfachen, weil gegenüber den jeweiligen Mandaten gesondert begangenen Pflichtverletzungen auf „gleichen oder gleichwertigen Fehlerquellen“ beruhten. „Die betreffenden Angelegenheiten“ müssen aber miteinander im rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Den Begriff „betreffende Angelegenheiten“ bezieht der durchschnittlich verständige VN aus dem angesprochenen Adressatenkreis - hier Rechtsanwälte - nicht abstrakt generell auf sein berufliches Tätigkeitsfeld, sondern auf die jeweiligen Mandatsverhältnisse.
Die einzelnen Klienten erteilten hier dem RA voneinander unabhängig Mandate. Daraus folgt, dass die Vorinstanzen zutreffend zu dem Ergebnis gelangten, dass die fehlerhafte Vertretung des RA in Bezug auf die jeweils selbstständigen Mandate, die sich auch jeweils nur beim jeweiligen Mandanten vermögensschädigend auswirkte, mangels rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs nicht als ein einheitlicher Verstoß iSd Art 3.1.c AVBV anzusehen ist.