05.04.2021 Verkehrsrecht

VwGH: Verdacht des Lenkens eines Kfz in alkoholisiertem Zustand – Alkotest auf Privatgrund?

Einer Aufforderung iSd § 5 Abs 2 StVO ist auch auf „Privatgrund“ Folge zu leisten; dem Revisionswerber kommt der Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 12 StGB nicht zu Gute, weil er im Hinblick auf die Aufforderung durch den Polizeibeamten zur Ablegung der Atemluftprobe jedenfalls Zweifel an seiner - unrichtigen - Rechtsansicht hätte haben müssen


Schlagworte: Straßenverkehrsrecht, Lenken eines Kfz, Verdacht der Alkoholbeeinträchtigung, Alkotest auf Privatgrund, Rechtsirrtum, Strafbemessung, Milderungsgrund
Gesetze:

 

§ 5 StVO, § 99 StVO, § 34 StGB, § 19 VStG

 

GZ Ra 2020/02/0145, 16.02.2021

 

VwGH: Nach der stRsp des VwGH reicht zur Verwirklichung des Tatbestands nach § 5 Abs 2 Z 1 StVO bereits der Verdacht aus, der Beschuldigte habe das Kfz in alkoholisiertem Zustand gelenkt. Der Verdacht muss sich einerseits auf die Alkoholisierung und andererseits auf das Lenken eines Fahrzeuges in alkoholisiertem Zustand beziehen. Wesentlich ist, dass die einschreitenden Beamten im Zeitpunkt der von ihnen durchgeführten Amtshandlung auf Grund der näheren Tatumstände den begründeten Verdacht hatten, dass der Beschuldigte in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt habe. Ob der Betreffende tatsächlich ein Fahrzeug gelenkt hat, ist hingegen unerheblich.

 

Entgegen dem Revisionsvorbringen hat das VwG im gegenständlichen Fall ausreichende Feststellungen getroffen, um daraus eine Übertretung des § 5 Abs 2 Z 1 StVO abzuleiten. Den Feststellungen zum Verdacht der Alkoholisierung (deutlicher Alkoholgeruch, unsicherer Gang, gerötete Bindehäute, unbeherrschtes Benehmen) tritt der Revisionswerber ebenso wenig entgegen wie den Feststellungen zum Verdacht, dass er das Fahrzeug gelenkt habe, zumal der Polizeibeamte den Revisionswerber auf dem Fahrersitz des PKW mit laufendem Motor vorgefunden habe und sich hinter dem Fahrzeug frische Reifenspuren befunden hätten. Dass der Revisionswerber den Alkotest verweigert hat, wird ebenso nicht bestritten.

 

Soweit sich der Revisionswerber auf einen Rechtsirrtum beruft und ausführt, er sei der Meinung gewesen, auf einer Verkehrsfläche, die keine öffentliche Straße darstelle, nicht zum Alkotest verpflichtet gewesen zu sein, ist zunächst festzuhalten, dass einer Aufforderung iSd § 5 Abs 2 StVO auch auf „Privatgrund“ Folge zu leisten ist, zumal in der StVO nicht angeordnet ist, dass die Aufforderung selbst auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr erfolgen muss.

 

Nach der stRsp des VwGH kann die Unkenntnis oder die irrige Auslegung von Bestimmungen der StVO für Lenker von Kfz nicht als unverschuldet angesehen werden. Wenn der Revisionswerber daher - entgegen der oben angeführten Rsp des VwGH zu § 99 Abs 1 lit b iVm § 5 Abs 2 StVO - zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe der Ansicht gewesen sein sollte, hierzu auf Privatgrund nicht verpflichtet zu sein, so handelt es sich um eine irrige Auslegung der StVO, die nicht als unverschuldet angesehen werden kann. Im Übrigen hätte der Revisionswerber auf Grund der Aufforderung durch das Straßenaufsichtsorgan jedenfalls Zweifel an seiner - unrichtigen - Rechtsansicht haben müssen.

 

Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang auf die Bestimmung des § 99 Abs 6 lit b StVO verweist, wonach eine Verwaltungsübertretung nicht vorliegt, wenn die Tat auf einer Straße ohne öffentlichen Verkehr begangen wurde, ist für den Revisionswerber ebenso nichts zu gewinnen. Maßgeblich ist lediglich, dass das den Anlass für die Atemluftuntersuchung bietende Verhalten (zB Lenken eines Fahrzeuges bzw hier: Verdacht der Alkoholbeeinträchtigung beim Lenken eines Fahrzeuges) auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gesetzt wurde. Die Qualifikation des Ortes der Aufforderung zur Atemluftprobe ist dagegen nicht entscheidend. Dass der Revisionswerber im gegenständlichen Fall verdächtig war, das Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt zu haben, ergibt sich unstrittig aus den schlüssig begründeten Feststellungen der angefochtenen Entscheidung.

 

Dem Revisionswerber kommt der Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 12 StGB nicht zu Gute, weil er - wie bereits oben ausgeführt - im Hinblick auf die Aufforderung durch den Polizeibeamten zur Ablegung der Atemluftprobe jedenfalls Zweifel an seiner - unrichtigen - Rechtsansicht hätte haben müssen. Die behaupteten Mängel bei der Strafbemessung liegen demnach nicht vor.